Engelbert Schue

- Ein Trittenheimer Domkanonikus und Theologieprofessor -

Wer durch das Dorf schlendert, der stößt an der Grundschule auf eine kurze Straße, die den Namen Engelbert Schue trägt. Auch ein Blick in die Friedshofskapelle läßt den Namen wieder entdecken.

Wer war dieser Mann, der im 18. Jahrhundert geboren wurde und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte und wirkte ... und für Trittenheim zu einem wirklichen Wohltäter wurde? Seine Lebensgeschichte ist auch ein kleiner Spiegel in die Zeit des Umbruchs vom Kurfürstentum über die französische Zeit bis zur Zugehörigkeit zum preußischen Staat.

Herkunft und Schulbildung

1793 erleben die Einwohner Trittenheims den Abschluss des Neubaus ihrer Pfarrkirche St. Clemens, als die Kirche „secunda Dominica post Pentecostem Ecclesia [...] solemnitate“, also nach Pfingsten feierlich benediziert wird. Freudig begrüßen die Menschen ihre neue helle Kirche. Aus ihren Reihen ging ein junger Mann hervor, der sich ein halbes Jahrhundert später in Verbindung mit seiner Heimatkirche und den Menschen als Wohltäter zeigen sollte. Den jungen „studiosus“ der Theologie kannten wohl alle. Denn er stammte aus einer Familie, die seit mehreren Generationen in der kurfürstlichen Verwaltung aktiv war. Im gleichen Jahr sollte auf dem Weg zum Priester die Subdiakonatsweihe empfangen. Ein halbes Jahrhundert später würde er sich in Trittenheim begraben lassen und die Nachkommen des Festaktes der Kirchweihe gelobten damals, sie wollten ihren Wohltäter in steter Erinnerung halten.

Wer aufmerksam durch das Dorf spaziert, den erinnert in der Nähe der Grundschule ein Straßenschild an ihn. Kommt man an der Friedhofskapelle vorbei und wirft einen Blick hinein, dann erinnert eine Gedenkplatte an seine letzte Ruhestätte mitten unter denen, für die er sich einsetzte.

Kindheit : Schulbildung und Studium

Engelbert Schue erblickte am 3. März 1772 in Trittenheim als zweites Kind der Eheleute Josef Michel Schue und Anna Margarete geb. Adams das Licht dieser Welt. Damals wirkte als Ortspfarrer der ebenfalls in Trittenheim geborene Anton Joseph Michael Werner (*1720- 1772; Pfarrer in Trittenheim 1765-1772). Der schrieb in das Taufregister unter dem Datum des 5. März 1772 als Namen des Täuflings „Engelbertus“ und nennt auch die Paten (die als 'levantes', also diejenigen benannt sind, die Engelbert 'aus der Taufe heben'). Als Namenspate gleichsam ist es einerseits Engelbert Berg, sein Onkel als Ehemann der älteren Schwester seiner Mutter. Patin ist eine ältere Schwester seines Vaters, Maria Apollonia Lorenz.

Seine Eltern, die ihren Lebensunterhalt mit dem Weinbau und der Landwirtschaft erwarben, bestimmen als Lebensweg Engelberts den geistlichen Beruf. Damit folgten sie einer familiären Tradition, denn auch zwei Brüder seines Vaters waren Geistliche geworden, nämlich dessen fünf Jahre älterer Bruder Matthias Johann und der zwei Jahre ältere Bruder Johann Peter.

Schulbildung im Dorf Trittenheim

Seine erste Schulbildung erhielt der Knabe in der dörflichen Schule. Hier war damals ein Priester als Frühmesser zugleich mit der Aufgabe des „ludimagister“ („Schulmeister“) angestellt. Das am 29. August 1773 abgeschlossenen Visitationsprotokoll hielt nämlich fest, dass die Pfarrei weder Vikar noch Kaplan hatte, aber auf die Frage „ob innerhalb der Pfarrgrenzen noch andere Priester wohnen [...]“ ("sacerdotes alii an intra fines parochia habitent [...]") antwortet es „D: Joannes Adamus Braum Diocesis Trvsis primissiarius optimi exempli qui et Ludimagistro, et aditui munus peragit“ : „Herr Johannes Adam Braum [recte: Praum] aus der Diözese Trier, ein beispielhafter Frühmesser, der auch Lehrer ist und andere Aufgaben erledigt“.

Johann Adam Praum (so schreibt er sich selbst in den Besitzvermerken seiner in der Pfarrbibliothek hinterlassenen Büchern), wurde am 7. März 1723 in (Ober-)Manderscheid als Sohn der Eheleute Johann Peter und Lucia Praum getauft. An der Trierer Universität erwarb er 1746 zunächst das Bakkalaureat, bevor er im darauffolgenden Jahr zum Magister artium promoviert wurde. In den Studienjahren zwischen 1747/48 und 1750/51 absolvierte Praum seine theologischen Studien an der alten Theologischen Fakultät als Externer ("extra Seminarium"), d. h. als ein Student, der nicht im Priesterseminar wohnte. Wegmarken seines geistlichen Werdegangs sind die Tonsur und die niederen Weihen am 28.2.1749, die Subdiakonatsweihe am 20.9.1749, die Diakonatsweihe am 19.9.1750 und die Priesterweihe am 6.3.1751. Nach dem Kirchenregister starb J. A. Praum in Trittenheim am 17. Mai 1788, im dreiunddreißigsten Jahr als Frühmesser und im siebenundzwanzigsten Jahr im Amt des Lehrers zu Trittenheim.

In jener Zeit war es nötig, bevor man auf die weiterführende Schule ging, gefirmt zu sein. Seine Firmung empfing Schue daher im Alter von fünf Jahren am 18. Mai 1777 in Trier.

Schulbildung im Progymnasium

Nach der Primärschulzeit besuchte Schue das auf zwei Jahre angelegte Tyrocinium, eine Art 'Vorschule', die auf den den Besuch des eigentlichen Gymnasiums vorbereiten sollte. Vermutlich gab er im Schuljahr 1782/83 als zehnjähriger Knabe die häusliche Geborgenheit auf, um die weiterführende Schule zu besuchen. Ihn führte allerdings die Schulbildung nicht in das 1781 am Gymnasium zu Trier angegliederte Tyrocinium, sondern er begann seine höhere Bildung in Bernkastel. Dort war diese Bildungseinrichtung aus einem sogenannten „Heckengymnasium“ hervorgegangen, das die Zeit der französischen Besatzung nicht überdauerte und wieder unterging. Das Bernkasteler Tyrocinium betreuten die Kapuziner. Ihrem Konvent stand Engelberts Onkel Matthias Johann mit Ordensnamen Pater Romanus vor, der zeitweilig auch als Guardian im Orden Leitungsfunktion hatte.

Diese schulische Einrichtung machte den Übergang von der Elementarschule zum Gymnasium möglich. Zwei Jahre lernten Schüler die lateinische Sprache, erwarben Kenntnisse in Geschichte, in der Erdbeschreibung und im Rechnen. Hatte man dies alles erfolgreich absolviert, war der Weg frei, um das Gymnasium zu besuchen. Dort sollte sie ‚Studierende‘ dann die sogenannten Humaniora aneignen.

Studium und geistlicher Werdegang

Schritte in der akademischen Bildung

Mit dem Abschluss der Gymnasialstudien konnte Schue noch nicht direkt das Studium der Theologie beginnen. Die mittelalterliche Universitätsstruktur sah vor, dass vor dem Studium eines Faches der „oberen“ Fakultät (z. B. Theologie, Jurisprudenz, Medizin) obligatorisch ein (zweijähriges) Philosophicum, die sogenannte „untere Fakultät“, zu absolvieren war. Diese war eine Form eines Propädeutikums. Die damalige Studiensituation beschreibt Michael Trauth dahingehend, dass „die Disziplinen des ersten Kurses, 'Logica' genannt, [...] Logik und Metaphysik [waren], die des zweiten, 'Physica' genannt, Physik und Mathematik. Drei Ordinarien, zu denen erst in der letzten Dekade zwei Extraordinariate und ein Supernumerariat traten, versahen den Unterricht, der bis in die achtziger Jahre - von manchen Professoren bis zum Ende der Hochschule - nur in lateinischer Sprache gehalten wurde. Am durchaus schulischen Aufbau ist bereits abzulesen, daß es an der Trierer [philosophischen] Fakultät bis zuletzt keine 'emanzipierte' Philosophie gab“. Diese Weise des Philosophicums war noch stark von der Lehrmethode der Jesuiten geprägt, die, obwohl der Orden 1773 aus politischen Gründen aufgehoben worden war, noch in Gestalt von Ex- Jesuiten an der Hochschule das bisherige Lehrsystem weiterführten.

Es gab aber auch gewisse Tendenzen zur modernen Wissenschaft, wie sie etwa an der Person Heinrich Meurers (*1758) abzulesen sind, der seit 1786 Professor der Physik an der Universität und seit 1787 Präfekt des Gymnasiums war. Dazu gehörte, dass er beispielsweise den naturwissenschaftlichen Unterricht belebend durchführte und in der deutschen Sprache lehrte.

Schues philosophische Studien begannen 1788 und werden durch zwei Daten geprägt, über die uns das 'Trierische Wochenblatt' informieren. In der Ausgabe vom 20. September 1789 lesen wir:

“Am 18. dieses [scil. Monats; d. Vf.] wurden [...] auch den bestverdienten Candidaten der beyden philosophischen Klassen die Ehre des Baccalaureates und Doctorates in der Weltweisheit und den freyen Künsten ertheilet. Herr Professor Meurer als Promotor hielt eine Rede von den verschiedenen Arten und Eigenschaften der Lust. [...] Die Frage für die Herren Baccalaurei war: ob die Kenntniß von den verschiedenen Eigenschaften der Luft, welche die Alten künstliche Luft nannten, das Menschengeschlecht interessire?“

In einer eigenen Spalte liest man: „Die acht erstern Herren Baccalaurei sind folgende: 1mus. [d. i. 'primus'; d. Vf.] S c h u e Engelbertus, ex Trittenheim”.

In der Sammlung Trierer Dissertationen der Stadtbibliothek Trier findet sich die gedruckte „Exercitatio Academica“ mit den Fragen aus der Psychologia, Logica, Ontologia, Kosmologia, Psychologia rationalis und Theologia rationalis, die unter dem Vorsitz des Philosophieprofessors Jakob Ackermann (*1757) den Kandidaten vor bzw. nachmittags vorlegt wurden.

Im darauffolgenden Jahr erscheint unter der Rubrik „Akademische Anzeige“ folgende Notiz:

„Am 16ten dieses war Promotion der Philosophen. Die bestverdienten Herrn Kandidaten der Naturlehre, welche das Doktorat erhielten, waren: [...] 2dus. [d. i. 'secundus'; d. Vf.] D. Schue Engelbertus ex Trittenheim”.

Auch über diese akademische Prüfung liegt ein gedrucktes Thesenheft vor: Engelbert Schue hatte mit dreizehn Kommilitonen „um die Erhaltung des Doktorats in der Philosophie im akademischen Promotions-Saale den 14ten Sept. 1790. Morgens um 8, und Nachmittags um 2 Uhr" das Thema “Die Feuerlehre, entworfen nach dem gegenwärtigen Zustand der Wissenschaft, [...] nebst angehängten Sätzen aus andern Theilen der Naturlehre" darzustellen.

Was hier überrascht ist, dass im Allgemeinen das Bakkalaureat in den 'artes liberales' nach dem zweiten Studienjahr erworben wurde und für den Magister (hier 'Doktorat' genannt) noch ein weiteres, also drittes Jahr zu studieren notwendig war. Eine Bemerkung, die diese Merkwürdigkeit enträtseln hilft, liegt in einer Notiz des 'Catalogus Auditores Theologiae Treviris'. Denn im gleichen Jahr, als Schue zum Magister artium promoviert wurde, beginnt er sein Theologiestudium an der alten Trierer Universität und wird zur gleichen Zeit Alumne des Clementinischen Seminars. Im Register ist dort eingetragen:

„7. Schue, Engelbertus ex Trittenheim, 2dum Mag. in hiyatus physica“

Dies lässt sich wohl nur so deuten, dass Schue durch einen 'Sprung' in das zweite oder über das zweite philosophische Jahr, das 'Physica' genannt wurde, vorzeitig seinen studienberechtigenden Abschluss erwarb.

Schues Studium und Aufenthalt an Triers Hochschule und im reformierten Clementinischen Seminar, in das er nach einer Verordnung des Kurfürsten erst nach einer strengen Prüfung eintreten konnte, stand unter dem ambivalenten Zeichen katholischer Aufklärung. Zu einer Zeit, da sich andernorts die Hochaufklärung schon deutlich der Spätaufklärung zuwandte, war im Kurfürstentum eine eigene Form von Aufklärung entstanden. Sie wurde nicht zuletzt durch den letzte Kurfürsten Clemens Wenzeslaus (1739- 1812; seit 1768 Kurfürst und Erzbischof in Trier) selbst gefördert. Im Bereich der Hochschule verspürte man aber diese Geisteshaltung nur teilweise, etwa in der Person des seit 1774 lehrenden Professors für die Heilige Schrift, Johann Gertz (1744-1824). Der war ein Schüler des Göttinger protestantischen Orientalisten Johann David Michaelis (1717-1791) gewesen.

Aus Schues Studienzeit existiert ein umfangreiches Konvolut mit Vorlesungsmitschriften, unter denen sich auch die „Prolegomena in Sacram Scripturam, 1792, ex praelectionibus R. D. Joan. Gertz” finden und weitere fünf kleine Hefte mit der Aufschrift „Notae ad Epistolas S. Pauli, usui Engelberti Schue, Theol. 4ti an. alum. 1793-94, ex praelect. R. D. Gertz”.

Eine gewisse Aufgeschlossenheit für die (katholische) Aufklärung, wie sie sich Schue zu seiner Zeit präsentierte, spiegelt sich vielleicht in seiner Bibliothek wider, die er am Ende seines Lebens der Bibliothek des Priesterseminars als Legat zuwandte. Obwohl diese kleine Handbibliothek Schues mit nachweislich 16 Titeln in 30 Bänden sicherlich erst in späteren Jahren sukzessive aufgebaut wurde (als Student dürfte kaum die ausreichenden finanziellen Mittel besessen haben), lässt sich vermuten, dass eine im Studium grundgelegte Prägung weiter wirkte, auch wenn manches Buch als akademisches Handbuch angeschafft werden musste (vgl. Gmeiners Epitome, Bertis Breviarium wie auch Spittlers Werke).

Schue auf dem Weg zum Kleriker

Mitte November 1790 hatte Schue sein Theologie-Studium aufgenommen und empfing am 17. Dezember 1790 „in Sacello Palatii ArchiEpiscopalis Treviris" durch Weihbischof Jean Marie Cuchot d'Herbain(1727-1801) die Tonsur sowie die vier Niederen Weihen. Damit gehörte er zum Stand der Kleriker.

Im „Catalogus“ für das akademische Jahr 1791/92, den der Ordinarius für Bibelwissenschaft Gertz führte, bescheinigt das Verzeichnis der Studenten des zweiten Studienjahres Schue hervorragende Talente. Ausdrücklich wird seine unermüdliche Aufmerksamkeit, Bildung und seine Fähigkeit im Griechischen hervorgehoben. Solche anerkannten (intellektuellen) Fähigkeiten, die ja schon den vorausgehenden Bildungsgang prägten, lassen es beinahe als selbstverständlich verstehen, dass er im gleichen Jahr beim akademischen „Concursus“ zu den dreizehn Studenten gehörte, die aufgrund ihrer Leistungen bei den Disputationen „gratia tituli mensa ArchiEpis[copalis] digni habeti sunt“, und damit Freiplätze für das Clementinische Seminar erhielten, also quasi ein Stip. Die beiden folgenden Studienjahre sind durch keine akademischen Besonderheiten bestimmt, doch fallen in diese Zeit die Weihen zum Subdiakon und zum Diakon. Am 21. September 1793 wird er in der Dreifaltigkeitskirche durch Pierre-Joseph Perreau (1722-1805), einen französischen Emigranten und Titularbischof, der den erkrankten Weihbischof d'Herbain vertritt, zum Subdiakon geweiht. Dies ist verbunden mit dem Weihetitel „ad mensam Archiepiscopi“, d. h. mit dem Recht auf Versorgung durch den Erzbischof. Im folgenden Jahre weiht ihn derselbe Perreau am 5. April 1794 “in Oratorio Seminarii Clementini Treviris” zum Diakon.

Die mit der französischen Revolution sich nähernden kriegerischen Unruhen führen dazu, dass das Studienjahr 1793/94 vorzeitig endet. Es fällt Schues Abschluss der akademischen Studien zusammen.

1794 kam es am 9. August zur Besetzung des kurfürstlichen Triers durch französische Revolutionstruppen. Schue war wie andere Studierende angesichts der politischen Situation und wegen der Unmöglichkeit einer geregelten Fortführung eines akademischen Betriebes nach Hause entlassen worden. Dort sollte er die Entspannung der Situation abwarten.

Am 22. März des Jahres 1795 wird der junge Kleriker in Köln durch Erzbischof Karl Aloys König zum Priester geweiht; der Kurfürst und Erzbischof war 1794 in Richtung Augsburg geflüchtet. Er kehrt vom Rhein zurück an die Mosel und macht erste Erfahrungen in der Seelsorge in einem einjährigen Kaplansdienst in seinem Geburtsort. Die dortige Kaplaneistiftung sorgte wie vermutlich auch das Elternhaus in dieser unruhigen Zeit für seinen Lebensunterhalt. Als eine gewisse Beruhigung eingetreten war, delegierte man Schue als Kaplan nach Großmaischeid (nahe Koblenz), um dort den Pfarrer Jakob Aloys Kilian (1757 - 1825) als Kaplan zu unterstützen. Mehr als sieben Jahre sollte er dort wirken. Dann nahm er in den Jahren 1802/03 in der Ehrenbreitsteiner Familie Eschermann die Aufgabe eines Hauslehrers wahr. Diese Familie, die ursprünglich aus Trier stammte, war sowohl in kurfürstlicher Zeit als auch unter französischer Herrschaft im Regierungsdienst.

Unter dem Datum vom 23. April 1804 wird Schue schließlich zum Vikar in Piesport ernannt, wo sein Vorgesetzter der Pfarrer und Dechant Johann Hau (1732-1816) war; hier sollte Schue bleiben, bis ihn sein Bischof Weiterstudium nach Paris sandte.

Vorbereitung auf die akademische Tätigkeit

Der Frieden von Lunéville am 9. Februar 1801 ließ das linksrheinische Gebiet des ehemaligen Kurfürstentums Trier an die „Grande Nation“ Frankreich fallen. Im gleichen Jahr schloss Napoleon Bonaparte (1769-1821) mit dem päpstlichen Stuhl ein Konkordat, worin der französischen Regierung ein deutliches Mitspracherecht bei der Besetzung des trierischen Bischofsstuhles eingeräumt wurde. Die territorialen und politischen Veränderungen machten auch eine Neuordnung der religiösen Verhältnisse erforderlich, so dass nach dem Untergang des Erzbistums zur Errichtung des Bistums Trier kam, das sich weitgehend mit dem Departement de Sarre deckte.

1802 bescherte dem neuen Bistum schließlich auch einen neuen Oberhirten, den 1745 in Champeix (Bistum Clermont) geborenen Charles Mannay. Er war 1770 zum Priester geweiht worden und zur Zeit der französischen Revolution ins Exil nach England emigriert, von wo er erst 1801 zurückkehrte. Mannay erhielt am 17. Juni 1802 seine Ernennung, wurde am folgenden Tag in Paris zum Bischof geweiht und am 26. September in Trier inthronisiert. Nachdem 1814 das linksrheinische Gebiet von deutschen Truppen besetzt wurde, verbannte die preußische Regierung Mannay zunächst 1815 nach Aschaffenburg, um dann von hier aus nach Frankreich zurück zu kehren. Seinem trierischen Bistum blieb er verbunden, eine Empfindung, die auch seitens weiter Kreise des Bistums erwidert wurde. Am 11.11.1816 verzichtete er auf das Trierer Bistum und wurde 1817 Bischof von Auxerre, drei Jahre später Oberhirte von Rennes in der Bretagne, wo er am 5. Dezember 1824 verstarb.

Mit viel Umsicht und Hingabe mühte sich Mannay in den Jahren seiner Hirtenpflicht um die Reorganisation der Pfarrseelsorge. Dabei lag ihm besonders die Neuerrichtung des Priesterseminars am Herzen. Es sollte die 'Pflanzstätte' des geistlichen Lebens der Priester und damit die Voraussetzung für eine gute Seelsorge in seinem Bistum sein. Der frühere Universitätsprofessor Anton Oehmbs (1735-1809) hatte angesichts der misslichen Lage unter der französischen Besetzung schon 1801 begonnen, jungen Männern mit Ambitionen für den geistlichen Beruf privat und unentgeltlich Vorlesungen über Moral und die Heilige Schrift vorzutragen. Ähnliche Aufbauarbeit leisteten der später von Mannay zum Regens ernannte Carl Josef Maybaum (1730-1805) und die ehemaligen Professoren Wilhelm Schorr (1734-1810) bzw. Peter Josef Weber, denen sich 1810 schließlich Professor Johannes Gertz mit seinen profunden Kenntnissen hinzugesellte. Langwierige Verhandlungen gingen voraus, bevor Mannay schließlich zum Wintersemester 1805 das Klerikerseminar (wieder)eröffnen konnte. Das Studienjahr 1805/06 begann mit der bescheidenen Zahl von neun beziehungsweise nach anderer Zählung vierzehn Seminaristen.

Die Lehrfächer Dogmatik (einschließlich der Apologetik, der Vorgängerin der heutigen Fundamentaltheologie) und die gesamte Kirchengeschichte wurden in Personaleinheit doziert; hinzu kam noch die Einordnung des Kirchenrechtes in die Kirchengeschichte, obwohl schon in kurfürstlicher Zeit zeitweise ein eigener Lehrstuhl errichtet worden war. Zunächst war es der annähernd siebzigjährige Matthias Johann Schue, dem Mannay beide Dozenturen übertrug. Nach Stramberg wurde Schue auch die Aufgabe des Spirituals, des geistlichen Mentors der Alumnen des Priesterseminars übertragen.

Im „Verzeichnis der Eigenthümer der Hauser, der respectiven Haupteinwohner, und Aufnahme der Bevölkerung der Stadt Trier. Im Sommer von 1818” (erschienen als „Beilage zur Trierischen Kronik vom Dezember 1818“) ist Matthias Johann Schue als ehemaliger Kapuziner noch drei Jahre vor seinem Tod als „Examinator“ im Clementinischen Seminar in der Weberbach Nr. 192 (alte Zählung) ausgewiesen.

Im Vorausblick auf die Übernahme dieser Lehrstühle wurde 1806 Matthias Johann Schues Neffe, Engelbert Schue, für einen neunmonatigen Studienaufenthalt an das Seminar Ste. Sulpice in Paris freigestellt. Die Möglichkeit, Engelbert Schue entsprechend dem früheren Brauch an einer deutschen Universität (beispielsweise Göttingen, wo Gertz unter Michaelis Studien betrieben hatte) vorbereitend studieren zu lassen, standen entgegen die Zugehörigkeit des linksrheinischen Gebiets zu Frankreich mit seinem Zentrum in Paris und vermutlich auch der Mangel an finanziellen Möglichkeiten. Den Sulpizianern als Weltpriesterkongregation oblag die Ausbildung des französischen Klerus seit dem 17. Jahrhundert. Sie hatten sich sowohl von theologischen Zeitströmungen als auch von den Ideen der französischen Revolution weitestgehend fern gehalten. Bischof Mannay selbst war in diesem Musterseminar Frankreichs theologisch ausgebildet worden und hatte nach seinen Studien und seiner Priesterweihe dort eine Lehrtätigkeit wahrgenommen, bevor er im adligen Hause Talleyrand-Perigord als Erzieher tätig wurde. Über die Ausfüllung der Zeit dieses neunmonatigen Aufenthalts erfahren wir leider nichts. Man liegt wohl nicht falsch, wenn man diese Zeit als intensive Vorbereitung auf die Lehrtätigkeit versteht und nicht als Zeit, in der sich ein Aspirant in die Forschung vertieft. Mannay, der eher zur besonderen spirituellen Ausprägung der Priester neigte und intellektuellen Finessen distanziert gegenüber stand, blieb kaum eine andere Wahl, weder in finanzieller Hinsicht - nur mühsam konnten wichtige Finanzquellen vom französischen Staat zurückgefordert werden - noch mit Blick auf personellen Möglichkeiten. Dieses Defizit der akademischen Ausbildung Schues blieb ihm anhaften und trug bei, ihn verhältnismäßig frühzeitig zu emeritieren. Schon unter Mannay hätte dieser Mangel der akademischen Ausbildung Schues problematisch werden können, hätte sich Mannays Wunsch nach der Errichtung einer Fakultät in Trier erfüllt, denn das kaiserliche Dekret von 1808 forderte, dass nur graduierte Theologen auf Lehrstühle zu berufen seien, wobei allerdings eine Dispens nicht völlig außerhalb der Möglichkeiten lag.

Schue in St. Sulpice, also nahe dem französischen Machtzentrum, vorbereiten zu lassen, könnte mit der Absicht Mannays zusammen hängen, ähnlich wie in Mainz auch das Trierer Seminar nach französischem Muster gestalten zu wollen. Soweit wir sehen, hatte Schue aber in seiner Funktion kaum Einfluss auf eine solche Reform, obwohl er als Professor zum erweiterten Direktorium des Seminars gehörte. Auch Mannay kam nicht umhin, entsprechend Art. 24 des französischen Konkordates von 1802 die Lehre der gallikanischen Artikel von 1682 den Seminarstatuten einzuordnen. Nach diesem Gesetz wurde die zentrale Macht des Papstes für Frankreich abgelehnt und für die französische Kirche eine gewisse, vom König unterstützte Autonomie beansprucht.

Schues Professur

Nach dem dreivierteljährigen Studienaufenthalt übertrug Bischof Mannay zum 1. Oktober 1806 Engelbert Schue die Professuren für Dogmatik und Kirchengeschichte. Er war der jüngste im Professorenkollegium des Priesterseminars. Als Mittdreißiger stand er manchem Kollegen gegenüber, dem er ein Jahrzehnt zuvor noch als Student gegenüberstand (P. J. Weber, J. Gertz). Wie es damals üblich war, lebte Schue in einer Wohn- und Arbeitsgemeinschaft im Clementinischen Seminar an der Weberbach (so das „Verzeichnis der Eigenthümer der Hauser, der respectiven Haupteinwohner, und Aufnahme der Bevölkerung der Stadt Trier. Im Sommer von 1818. Beilage zur Trierischen Kronik vom Dezember 1818”, S. 14).

Wie seine Professorenkollegen hatte sich Schue den neuen Seminar-Statuten („Statuta seminarii episcopalis Trevirensis“ vom 1. November 1806) zu unterwerfen. Danach waren die Dozenten u. a. ausdrücklich verpflichtet, sich in der Lehre an das zu halten, was der päpstliche Stuhl für rechtmäßig erachtete. Das war besonders für sein Fach der Dogmatik bedeutsam. Er gehörte zum Direktorium des Seminars und trug an den Wochentagen, mit Ausnahme der Herbstferien und an den Erholungstagen, seine 'öffentlichen' Vorlesungen zu festgesetzten Stunden vor. Ein Lektionsplan für das Wintersemester 1827/28, der vom Plan des Jahres 1825 abweicht, an dem Schue beteiligt war, zeigt, dass er den unteren, also den 'philosophischen' Semestern, wöchentlich 5 Stunden Kirchengeschichte (von den Anfängen bis auf die Gegenwart) vorzutragen hatte. Den Studenten des ersten und zweiten Kurses des theologischen 'Hauptstudiums' brachte er mit der gleichen Wochenstundenzahl Kenntnisse der geschichtlichen Entwicklung der Kirche bei und vermittelte die zugrundliegenden theologischen Lehren. Bis zu seiner Entpflichtung vom Lehrstuhl der Dogmatik kamen nochmals wöchentlich sechs Stunden Dogmatikvorlesungen hinzu. Da sich die Ankunft seines Nachfolgers Johann Josef Rosenbaum (1798-1867) verzögerte, verließ Schue statt zum Sommersemester 1826 erst zum Wintersemester 1826/1827 sein Katheder; er trug in diesem letzten Halbjahr 6-stündige Vorlesungen noch in beiden Fächern vor.

Zu den Dogmatik- und den Kirchengeschichtsvorlesungen existieren umfangreiche Manuskripte, die die Bibliothek des Priesterseminars bewahrt. Gerade die Kirchengeschichtsnachschriften erwecken den Eindruck, Schue habe sich in dieser Disziplin besonders wohl gefühlt. Das lateinischsprachige Manuskript der Dogmatikvorlesung (BPS Hs 196) erstreckt sich auf rund 1800 Seiten in fünf gebundenen, nicht beschnittenen 'Heften'. Im letzten Heft finden sich zusätzlich auf 184 Seiten Exzerpte, die Texten der Kirchenväter (überwiegend) bis zur zeitgenössischen Literatur Schues entnommen sind. Eine Literaturliste im ersten Heft (S. 340ff.) endet mit dem Erscheinungsjahr 1823, jedoch finden sich auch Ergänzungen, deren späteste auf Hefeles Patrum apostolicorum opera vom Jahr 1842 verweist.

Das Manuskript der kirchengeschichtlichen Vorlesungen umfasst vier Bände (BPS Hs 197,1-4; Gesamtumfang ca. 1200 beschriebene Seiten). Schue behandelt die Geschichte der Kirche von ihren Anfängen bis auf das Jahr 1829 (der Band 3 berührt als „5. Periode” die Zeit zwischen 1517 und 1829). Auch hier finden sich im letzten Band Exzerpte, die lateinisch abgefasst sind – mit Ausnahme des letzten Kapitels, das den Titel „Abriß der Kirchengeschichte seit der franzözischen Revolution“ trägt und in deutscher wie französischer Sprache abgefaßt ist. Schues Schreiben scheint sich auf seine Manuskripte beschränkt zu haben. Weder eine unter seinem Namen erschienene Monographie noch Zeitschriftenaufsätze lassen sich nachweisen. Ob Schue in irgendeinem Sinne Forschung betrieb, lässt sich bislang nicht nachweisen.

Nicht nur Vorlesungen hatte er zu halten und im Direktorium des Seminars mit zuarbeiten. Auch die Beaufsichtigung der Studien der Alumnen und die zweimal jährlich im April bzw. September stattfindenden Prüfungen und Disputationen, in denen die Studenten ihre Studienfortschritte darstellten, gehörten zu seinen Aufgaben.

Schue als Domherr

Als Charles Mannay die Resignation auf den trierischen Bischofsstuhl erklärt hat, beginnt unter der neuen preußischen Herrschaft eine achtjährige Vakanz des Bischofstuhls. Im Vorfeld der Wiederbesetzung kam Edmund Reichsgraf von Kesselstatt (1765-1840) als Kandidat in den Blick. Dieser nahm in einer provisorischen Personalliste Engelbert Schue als Domherrn in Aussicht. Bischof wurde 1824 Josef von Hommer (1760-1836), der besonderen Wert auf eine zeitgemäße, wissenschaftlich fundierte theologische Ausbildung legte. Der Lehrkörper am Priesterseminar mit J. H. Steinsiepen, M. Scherr, R. M. Steininger, Th. Billen, J. J. Simon und E. Schue entsprach nicht seinem Ideal. Für ihn besaßen sie entweder nur begrenzte Kenntnisse oder hingen einer veralteten Lehrmethode an.

Bischof Hommer äußerte sich im Jahr 1827 gegenüber dem Oberregierungsrat Schmedding schriftlich, Schue sei zwar ein guter Dogmatiker, aber mit der neueren Philosophie doch zu wenig bekannt und daher nicht geeignet, junge Theologen zufrieden stellen zu können, die tiefer reflektieren wollten. Doch auch von Hommer besaß zunächst nur beschränkte finanzielle Mittel, um renommierte Fachvertreter auf die Katheder zu berufen. Folglich musste sich Bischof von Hommer damit bescheiden, die Lehrstühle sukzessiv mit sehr jungen Akademikern neu zu besetzen. Auch Schues Lehrstühle standen zur Disposition. Im ersten Schritt ersetzte er den Dogmatiker Schue durch den Hermes-Schüler Johann Josef Rosenbaum, der 1827 seine Dozententätigkeit aufnahm.

Schue war zwar vom dogmatischen Lehrstuhl befreit, aber er sollte seine Kenntnisse der Dogmatik nicht so schnell ruhen lassen. Denn sein Nachfolger war wie der Dozent für Philosophie, Franz Xaver Biunde (1806-1860), Schüler des Bonner Theologen Georg Hermes (1775-1831) und beide waren durch dessen Grundhaltung geprägt. Die Verurteilung theologischer Sätze des Bonner Theologen Hermes bzw. des Hermesianismus im Breve „Dum acerbissimus“ (1835) brachte also auch sie in den Verdacht, hermesianische Irrtümer vorzutragen. Rosenbaum wurde daher angehalten, seine Manuskripte in eine orthodoxe Form umzuarbeiten und sie dem Generalvikariat zur Prüfung vorzulegen. Diese Manuskripte reichte der Generalvikar und Bistumsverweser Wilhelm Arnold Günther (1763-1843) an Engelbert Schue weiter, der sie zu zensieren hatte. Günther bemerkt in einem diesbezüglichen Brief an den Oberpräsidenten von Bodelschwingh vom Januar 1839, Rosenbaum schicke seine Hefte an ihn und er, Günther, reiche sie an den Domkapitular Schue weiter, der als früherer Professor der Dogmatik bisher darin noch nichts den Glaubenslehren gegenüber Anstößiges gefunden habe.

Erst 1831 schied Schue mit der Emeritierung vom Kirchengeschichtslehrstuhl endgültig aus dem Lehrbetrieb des Priesterseminars aus. Ihm folgte der ein Vierteljahrhundert jüngere Johann Georg Müller (1798-1870), der zum 28. August 1830 anstelle “des austretenden Professors der Kirchengeschichte, Hrn. Domkanonikus Schue“ zum Professor der Kirchengeschichte und des Kirchenrechtes ernannt wurde. Später wurde Müller Bischof von Münster. In späteren Jahren lehrte Jakob Marx (1803-1876) das Fach, der unter Schue Kirchengeschichte gehört hatte. Der dankbare Marx dedizierte ihm ein Exemplar seiner Erstlingsschrift „Die Ursachen der schnellen Verbreitung der Reformation zunächst in Deutschland. Aus Quellen dargestellt, und mit den vollständigen Beweisstellen belegt“ (Mainz 1834) mit einer persönlichen Widmung.

Durch die Berufung auf die Lehrstühle hatte Schue eine gewisse soziale Reputation gewonnen, doch wie seine Kollegen musste er sich in den ersten Jahren in materieller Hinsicht sehr bescheiden. Das Seminar, dem durch die Säkularisierung Gebäude und Unterhaltsquellen verloren gegangen waren, war schlichtweg arm und es wird berichtet, „daß in den ersten Jahren die Geistlichen von einer Bürgerfrau auf der Weberbach für Geld nur Suppe und Gemüse empfingen. Regens und Professoren mußten sich lange Zeit mit Kost und Wohnung als Entgelt für ihre Tätigkeit begnügen, ohne daß sie Gehalt erhielten. Erst seit 1809 weisen die Rechnungen für einzelne Professoren Gehälter von 47 Reichstaler aus“.

Mitte der zwanziger Jahre des 19. Jahrhunderts betrug das jährliche Gehalt der älteren Professoren 400 Taler; als Schue zum Domkapitular avancierte, entfiel dieses Gehalt, obgleich er noch bis 1831 Kirchengeschichte vortrug. An dessen Stelle trat das durch den preußischen Staat gewährte Unterhaltsrecht für einen Domkapitular, von dem die staatlichen Stellen anfangs wegen der Doppelfunktion Schues abrücken wollten.

Engelbert Schues Heimatpfarrer, Johann Josef Brauns (1738-1823) bemerkte angesichts der am 6. Oktober 1794 durchmarschierenden französischen Truppen, dass jetzt nicht nur eine Revolution der bürgerlichen Angelegenheiten anstehe, sondern auch die Kirche davon betroffen werde. Die neue Zeit brachte schlimme Zustände, aber ebenso eröffnete sie neue Möglichkeiten. Zu letzterem gehörte, dass ein Mann bürgerlicher Herkunft in den Kreis des Domkapitels eintreten konnte, das künftig nicht mehr adligen Geistlichen vorbehalten war. Engelbert Schue kam in den Genuss dieser revolutionären Folgen und rückte mit Aufgabe des Lehrstuhls der Dogmatik am 2. März 1826 für den 1825 verstorbenen Matthias Josef Meurers als Domkapitular nach. Vorher hatte ihn Generalvikar Anton Cordel (1760-1826) mit den Aufgaben des Generalvikariatsrats und Synodalexaminators betraut. Dies hing eng mit seiner akademischen Tätigkeit zusammen, denn die Kommission hatte die Aufgabe, „die Prüfungen pro ordinibus (ausschließlich der schriftlichen Prüfung pro Subdiaconatu, welche von den Professoren des Bischöflichen Seminars geleitet wird) so wie die cura principali in Gemäßheit Bischöflicher Verordnung vom 5. April 1831 [...]“ durchzuführen.

Als Mitglied des Trierischen Domkapitels hatte Schue Residenzpflicht, die er nun nicht mehr in der Weberbach Nr. 192 wahrnehmen sollte. Zunächst wohnte er, so die freundliche Mitteilung von Herrn Archivdirektor Dr. Persch, in der „Curie sub No 62“, die durch den Tod Meurers freigeworden war. Engelbert Schue hatte sich, nach dem ihre Vakanz „in der Dom-Sakristei nach altem Gebrauch angeschlagen gewesen, und keiner der ältern Domherrn dieselbe optiren wollte“, „bereitwilig gezeigt, solche zu übernehmen, und die dafür angesetzten gewöhnlichen Options-Gelder mit 250 Franken zu erlegen“. Das Haus lässt sich mit der Kurie von der Leyen am Domfreihof / Liebfrauenstraße identifizieren. Zu einem späteren Zeitpunkt zog er jedoch in das zur Domfabrik gehörige neuere Gebäude in der Predigerstrasse Nr. 29. Mit dem Ausscheiden aus dem Lehramt wurde das Arbeitspensum nicht kleiner, denn nun hatte Schue neben seinen Verpflichtungen zum (liturgischen) Chordienst als Domkapitular auch seinen Beitrag zur Diözesanverwaltung zu leisten.

Zu den zentralen Angelegenheit des trierischen Domkapitels zählt im Falle der Sedisvakanz die Neuwahl eines Bischofs. Auch während Schues Zugehörigkeit hatte das Kapitelskollegium eine Neuwahl einzuleiten. Nach dem Tod Josef von Hommers im Jahre 1836 war der bischöfliche Stuhl verwaist. Hatten sich die Wahlmänner bei der Wahl Hommers schon mit gewissen Schwierigkeiten seitens der politischen Führung zurechtfinden müssen, so kam es nun unter den gegebenen politischen Umständen erst recht zu äußerst schwierigen und darüber hinaus langwierigen Verhandlungen mit dem preußischen Staat, dessen (protestantischen) Regierungsträger das Resultat der Wahlgänge lange Zeit, obwohl diese eindeutig waren, nicht anerkennen wollten. Letztlich fand Wilhelm Arnoldi (1798-1864) Anerkennung und wurde 1842 zum neuen Oberhirten des trierischen Landes geweiht und inthronisiert. Mit anderen Kapitelsmitgliedern hatte Schue von Anfang an für ihn votiert und an diesem Votum festgehalten, kannte er ihn doch seit dieser als Student in Trier begann, dann als akademischer Lehrer für orientalische Sprachen und biblische Archäologie wirkte und auch als Domprediger und Domkapitular anerkannt war.

Christoph Schmitt

Quellen:
BATr 20, 4 (Dimissoralien u.a.).
BATr 41,4-5 (Weiheprotokolle).
BATr 44, 47 (Visitationsprotokolle).
BATr 52, 9, 1-2 Verzeichnis der Prêtres du Seminaires.
BATr 53,6 Nr. 2/2 (Domkapitelsprotokoll).
BATr 72, 855 (Familienbuch und Kirchenbücher).
BPS Hs 188 (Catalogus Auditores Theologiae Treviris).
BPS Hs 196-199 (Manuskripte E. Schue: Dogmatik - Kirchengeschichte - Katechesen).
BPS Hs 213 (Konvolut mit Vorlesungsmitschriften und Exzerpt Schues). Pfarrchronik Trittenheim Bd. 1 (1589-1870).

Sekundärliteratur:
[Anonymus], Engelbert Schue, ein trierer [sic!] Domherr, in: Kur-Trier 6 (1922) S. 88- 89.
Aufklärung und Tradition. Kurfürstentum und Stadt Trier im 18. Jahrhundert. Ausstellungskatalog und Dokumentation, hg. von G. Franz, Trier 1988.
Die Bischöfe der deutschsprachigen Länder 1785/1803 bis 1945. Ein biographisches Lexikon, hrsg. von E. Gatz, Berlin 1983.

Fr. Bösken, Die Orgelbauerfamilie Stumm aus Rhaunen-Sulzbach und ihr Werk. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaus am Mittelrhein, Mainz 1960, (Sonderdruck der "Mainzer Zeitschrift. Mittelrheinisches Jahrbuch für Archäologie, Kunst und Geschichte, 55 {1960}).

E. Hegel, Studium Theologicum Trevirense. Series Professorum: Kirchengeschichte, in: Vorlesungsverzeichnis der Theologischen Fakultät Trier, Sommersemester 1953, S. 14-24.
J. Herres, Cholera, Armut und eine "Zwangssteuer" 1830/32. Zur Sozialgeschichte Triers im Vormärz, in: KTJb 30 (1990) S. 161-203.
Josef von Hommer (1760-1836). Meditationes in vitam meam peractam. Eine Selbstbiographie. Hrsg., übersetzt und kommentiert von A. Thomas. (QAmrhKG; 25), Mainz 1976.
L. Keil, Die Promotionslisten der Artisten-Fakultät von 1604 bis 1794, nebst einem Anhang: Verzeichnis der an der iuristischen Fakultät von 1739-1794 immatrikulirten Studenten und einer an derselben Fakultät wirkenden Professoren, (Akten und Urkunden der Geschichte der Trierer Universität. II. Heft), Trier 1926.
Fr. Keinemann, Die Trierer Bischofswahl (1836-1842). Vorgänge und Problematik, in: KTJb 12 (1972) S. 103-117.
Ph. de Lorenzi, Beiträge zur Geschichte sämtlicher Pfarreien der Diöcese Trier, I: Regierungsbezirk Trier, Trier 1887; II: Regierungsbezirk Coblenz, Trier 1877. Metropolis Ecclesiae Trevericae [...] Broweri et Masenii S. J. opus emendavit, auxit, edidit Christianus de Stramberg, tom. II, Confluentibus [Koblenz] 1856.
M. Paulus, Das Kurfürstliche Gymnasium (1773-1798), in: Königliches Friedrich Wilhelms-Gymnasium zu Trier 1563-1913. Festschrift zur Feier des 350jährigen Jubiläums der Anstalt am 6.-8. Oktober 1913, Trier : Lintz 1913, S. 171-274. Ferdinand Pauly, Aus der Geschichte des Bistums Trier: Die Bischöfe von Richard von Greiffenklau (1511-1531) bis Matthias Eberhard (1867-1876), Trier 1973, [=Veröffentlichungen des Bistumsarchivs Trier; 24].
Fr. R. Reichert, Zur Geschichte des Trierer Priesterseminars 1773-1973, in: Priesterausbildung im Anspruch der Zeit. Fest- und Informationsschrift. Anläßlich seiner Zweihundertjahrfeier hg. vom Bischöfl. Priesterseminar, Trier 1974, S. 45-90. Fr. R. Reichert, Trierer Seminar- und Studienreform im Zeichen der Aufklärung (1780- 1785), in: AmrhKG 27 (1975) S. 131-202.
Fr. R. Reichert, Das Trierer Priesterseminar zwischen Aufklärung und Revolution (1786-1804), in: AmrhKG 38 (1986) S. 107-144.
P. A. Reuß, Geschichte des Bischöflichen Priesterseminars (Seminarium Clementinum) zu Trier, Trier 1890;
M. Schuler, Das Trierer Priesterseminar 1773-1950. Eine geistesgeschichtliche Übersicht (=BPS Hs AS I 2).
M. Schuler, Zur Geschichte des Trierer Bischöflichen Priesterseminars. Auszüge und Regesten aus den Akten des Bistumsarchivs und den Personalakten des Bischöflichen Generalvikariats zu Trier und aus den Akten des Koblenzer Staatsarchivs (=BPS Hs AS I 1).
A. Thomas, Das Priesterseminar in Trier in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, in: AmrhKG 24 (1972) S. 195-222.
Der Weltklerus der Diözese Trier seit 1800. Hrsg. vom Diözesanarchiv, Trier 1941.

Abkürzungen:
AmrhKG = Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte BATr = Bistumsarchiv Trier
BPS = Bibliothek des Bischöfl. Priesterseminars Trier KTJb = Kur-Trierisches Jahrbuch.
PfChr = Pfarrchronik (Trittenheim)

Der Wohltäter Trittenheims

Das letzte Lebensjahrzehnt Schues ist geprägt von einem besonderen Interesse an seiner Heimatpfarrei. Besonderes die Pfarrkirche, die noch den Taufstein bewahrt, aus dem er als getaufter Christ herausgehoben wurde, und in der er nach seiner Priesterweihe 1795 für ein Jahr Kaplansdienste verrichtete weckte sein Interesse. Die konkreten Motive für sein Engagement bleiben uns verborgen. Man kann sich aber vorstellen, dass er die Situation der Trittenheimer Pfarrei durch seine Tätigkeit in der Verwaltung gut informiert war. Auch seine verwandtschaftlichen Bindungen nach Trittenheim, wo der ältere Bruder Johannes(1770- 1837) und dessen Familie lebte, haben ihm sicher Kenntnis vermittelt.

Sein Bruder, Johannes Schue, hatte am 26. Januar 1796 Anna Maria Monzel aus Detzem geehelicht; E. Schue wurde für deren Sohn Engelbert Nikolaus (1801-1835) die Taufpatenschaft. Da er durch seine berufliche Stellung in einer gesicherten Existenz lebte, hatte er noch zu Lebzeiten seinem Bruder und dessen Kindern sein väterliches Erbteil übertragen.

Das Interesse des „Herrn Domkapitular Schue“, wie er in den Notizen der Pfarrchronik genannt wird, richtete sich auf die 1790/93 erbaute Pfarrkirche St. Clemens. Damals muss im Dorf eine baufällige und für die gewachsene Zahl der Gemeindeglieder zu kleine Kirche gestanden haben, die während Schues Studienjahren durch einen frühklassizistischen Bau ersetzt wurde. Das Inventar im spätbarocken Stil, Altäre, Statuen, Kanzel u. a., übernahm man aus der Vorgängerkirche. Noch war das Ende des Kurfürstentums nicht gekommen und so hatte die Abtei St. Matthias das Kirchenschiff zu finanzieren. Die Visitation unter Bischof Mannay 1804 wie auch das Protokoll der Visitation des Jahres 1832 stellen fest, dass die Kirche und ihr Inventar in einem guten Zustand waren. Die Pfarrstelle, die in französischer Zeit als Sukkursalpfarrei eingestuft, war ebenso wie der zum Sukkursal-Pfarrer ernannte Geistliche finanziell nicht ungesichert und gehörte auch in preußischer Zeit zu den Pfarreien 3. Klasse, deren Pfarrer eine angemessene staatliche Besoldung erhielten.

Die finanziellen Möglichkeiten der Zivilgemeinde hingegen (das Dorf hatte 1832 etwa 700 Einwohner) lassen sich hingegen eher als bescheiden nennen. Das spiegeln auch eine Reihe von Artikeln in der „Trier['/i]schen Zeitung“ wider, die viele Versteigerungen aus Not anzeigen.

Engelbert Schue sollte sich hier als hilfreicher Financier erweisen. Als Domkapitular stand ihm nach einer für die projektierte Choleraabgabe vorliegenden Steuerliste von 1830/32 Jahreseinkommen von rund 1000 Talern zur Verfügung. Über die Freigebigkeit für Trittenheim gewinnen wir Einblick durch eine Anzahl von Notizen, die der in Bernkastel geborene Ortspfarrer Nikolaus Liell (Liehl) (1801-1870; seit 1834 Pfarrer in Trittenheim) in der Pfarrchronik festhielt.

Die gottesdienstlichen Feiern brauchten, wie die Visitationen zeigen, nicht ohne musikalische Umrahmung auszukommen. Aber diese Aufgabe hatte die Gemeinde mit ihren eigenen Stimmen zum Ausdruck zu bringen, denn eine instrumentale Begleiterin in Gestalt der Königin der Instrumente gab es noch nicht. Ob die Gemeinde oder ihr Pfarrer oder sogar Schue den Ausschlag gaben, sich darüber Gedanken zu machen, muss offen bleiben. Der erste Schritt zur Verwirklichung des Unternehmens Orgel bestand darin, die notwendige Basis zu schaffen und das hieß, einen erhöhten Ort für die Aufstellung einer Orgel. So wurde 1839 „die Emporkirche in der hiesigen Pfarrkirche zur Ausstattung einer Orgel erbaut. Die Kosten der Erbauung derselben zahlte der Wohlthäter der hiesigen Pfarrkirche Herrn [sic!] Domkapitular Engelbert Schue in Trier, hier aus Trittenheim gebürtig mit 400 Thalern". Diese Orgelempore war aus Holz gefertigt und war durch eine an der östlichen Südwand gelegene Treppe erstiegen.

Die Orgel selbst konnte im darauf folgenden Jahr im Brüstungsbereich der Empore aufgestellt werden. Ihre Erbauer waren die Gebrüder Franz Heinrich und Carl Stumm, Orgelbauer in der vierten Generation der bekannten Orgelbaufamilie aus Rhaunen/Sulzbach. Heute findet der Besucher der Kirche nur noch einen schlichten, fein dekorierte Prospekt. Die Wahl der Erbauer und die klangliche Disposition werden auf Schue selbst zurückgehen, denn die Trittenheimer Orgel erwies sich als zweite Version der 1827/29 erbauten Orgel der Marktkirche St. Gangolf in Trier. Zu ihren Gesamtkosten von 2.000 Talern „spendete der Herr Domkapitular Engelbert Schue in Trier 1000 Thaler“. Einige Jahre später, im Jahre 1846, ließ Engelbert Schue für 90 Taler die Orgel säubern, mit weißer Ölfarbe streichen und vergolden. Mit einem namhaften Betrag verhalf Schue 1845 auch der Nachbarpfarrei Mariä Himmelfahrt in Neumagen zu einer neuen, allerdings 1964 vollständig abgebauten Orgel.

Das Vorurteil für das Neue und Moderne bereitet nicht erst heute manchem Zeugnis der Vergangenheit sein Ende. Auch 1841 geschah dies, als man sich entschloss, die beiden alten Glocken umzugießen und als Abrundung des Geläutes eine dritte Glocke hinzu zu fügen. Nach dem Visitationsprotokoll von 1832 stammte die größere der beiden vorhandenen Glocken aus dem Jahre 1482, die kleinere hingegen soll in das Jahr 1085 zu datieren gewesen sein, zumindest war sie deutlich älter war als die größere. Über Qualität und Widmung der beiden Glocken schweigt das Protokoll allerdings. Die Ausführung des Um- und Neugießens war den Gebrüdern Johannes Benedikt und Nicolaus Gaulard, bedeutenden Glockengießern in Trier, anvertraut worden. Von den entstandenen Gesamtkosten in Höhe von 985 Talern und 10 Silbergroschen schenkte „zur Deckung dieser Kosten [...] der Herr Domkapitular Engelbert Schue in Trier die Summe von 686 Thaler 20 Sgr“; der offenbleibende Betrag verblieb der Ortsgemeinde, die nach alter Tradition für die Erhaltung des Turmes einzustehen hatte. Noch im gleichen Jahr, am 25. Oktober wurden die drei Glocken benediziert (in der Pfarrchronik heißt es, sie seien „getauft“ worden), wobei offen bleiben muss, ob Schue anwesend war. Die größte Glocke, die von den Glockenrequirierungen des Ersten wie des Zweiten Weltkrieges verschont blieb, erhielt als Widmung:

„Zum Lob Gottes des Allmächtigen und zur Ehre der Seligsten Jungfrau Maria der Hochwürdigste Herr Engelbert Schue von Trittenheim, Kanonikus der trierischen Kathedralkirche (=Domkanoniker), er besorgte durch sein Vermögen, daß diese Glocke gegossen wurde, im Juni 1841, unter dem Trittenheimer Kirchenrektor Nikolaus Liehl von Bernkastel. Patron und Matrona: der Hochwürdigste Herr Schue aus Trittenheim, Domkanoniker, und Katharina, Ehefrau des Johann Baptist Huber aus Trittenheim“.

Der lateinische Text lautet:

„In laudem Dei omnipotentis et honorem Beatissimae Mariae Virginis Plur. R.mus Dnus Engelbertus Schue Trithemius, ecclesiae cathedralis trevirensis canonicus aere suo campanam hanc refundendam curavit mense Juni MDCCCXXXXI, rectore ecclesiae trithemiensis Nic. Liehl Beroniscastellano, Patronus et matrina: Plur. Rmus Dnus Schue Trithemius, ecclesiae cathedralis trev. canonicus, et Catharina conjux Joann. Baptista Huber ex Trittenheim.“

Nun musste aber auch das Schallfeld der Glocken optimiert werden. So entschied man sich, im folgenden Jahr den alten Kirchturm aufzustocken und einen Turmhelm neu zu errichten. Setzte der Turmhelm ursprünglich wenig oberhalb des Dachfirstes des Schiffes an, so erschien durch diese Aufstockung der Turm schlank und rank. Wiederum bot sich eine Gelegenheit, dass der Pfarrer in der Chronik die Generosität des gebürtigen Trittenheimers 'aktenkundig' machen konnte. Von den entstandenen Gesamtkosten in Höhe von 1839 Talern, die an höherer Stelle zur Kritik an der Gemeindeverwaltung führten, übernahm „der Herr Domkapitular Schue in Trier 1030 Thaler“.

Engelbert Schue – ein Leben geht zu Ende

Dem trierischen Domkapitular ging es nicht nur um musische oder architektonische Neigungen, wenn er sich in seinem Geburtsort engagierte. In seinem Todesjahr „legierte Herr Domkapitular Engelbert Schue in Trier aus Trittenheim gebürtig in die hiesige Kranken- Armen-Stiftung ein Kapital von 800 Thaler, aus dessen Zinsen dürftige Schulkinder und andere Arme der Pfarrei unterstützt werden sollen“. Der Chronist fährt fort: „in diesem Jahr [1847] schenkte auch derselbe Wohlthäter der hiesigen Pfarr-Bibliothek Opera Trithemii 4 tom fol. und Drexelii Gymnasium poenitentia 1 tom. 8vo“.

Am 22. Dezember 1847, um neun Uhr morgens, starb Engelbert Schue “post diuturnum morbum asthmaticum post multos perpessos dolores“ („nach langdauernder asthmatischer Krankheit und fortgesetzten Schmerzen“).

Im Beerdigungs-Register der Pfarrei St. Clemens schreibt N. Liehl: „Am zweiundzwanzigsten Dezember verstarb in Trier um neun Uhr vormittags im Alter von 76 Jahren im Herrn der Hochwürdigste und ausgezeichnete Herr Engelbert Schue aus Trittenheim, Kanoniker des Kapitels der trierischen Kathedralkirche [= Domkapitular], ein Mann überhaupt und im allgemeinen von vollendeter Vortrefflichkeit, besonders in Lehre, Frömmigkeit, Lebensweise, Charakterfestigkeit und außerordentlicher Wohltätigkeit. Sein Leichnam, so hatte er selbst noch zu Lebzeiten in Trier für den Fall des Todes angeordnet, wurde am dreiundzwanzigsten Dezember nach hier transportiert, [und] ist am vierundzwanzigsten desselben [Monats] in abendlicher Stunde um fünf [Uhr] auf unserem Kirchhof begraben worden. Seine Seele möge ruhen in heiligem Frieden“. “Vigesimae secundae decembris Treveris hora promeridiana nona anno aetatis suae septuagesimo sexto in Domino obiit Plur. Rdus et eximius Dnus Engerbertus [sic!] Schue Trithemius Canonicus Capitularis Ecclesiae Cathedralis Treverensis vir omni[no] genere virtutem perfectum praecipue doctrina, pietate, vitae, constantia et beneficientia insignis. Funus ejus postquam Treveris, sicut defunctus adhuc vivens ipse ordinaverat, vigesima tertia Decembris huc transportatum fuerat, vigesima quarta eiusdem hora vespertina quinta in coemetrio nostro tumulatum est. Anima eius requiescat in sancta pace" (BATr 72, 855, 5, S. 291)

Ergänzend lesen wir in der Pfarrchronik, daß Schue „auf seinen Wunsch in Gegenwart sämtlicher Hochwürdiger Herren Amtsbrüder der Nachbarschaft feierlich beerdiget und von mir [scil. Liehl] dem Verstorbenen aller seiner Verdienste würdigen Gedächtnis eine Rede gehalten. Die Leiche des verstorbenen Wohltäters wurde in der auf dem Kirchhof befindlichen Halle beigesetzt“ (PfChr I S. 68). Die hier genannte „Halle“, an deren Innenwand das erwähnte Epitaph angebracht ist, wurde im Zuge der Errichtung einer Friedhofskapelle in diese integriert. Man vermutet in dieser Halle den Rest, vielleicht die Sakristei, der 1722 errichteten Kirche.

Nach dem Tode des Domkanonikus gingen seine verbliebenen Bücher, von denen er wohl schon zu Lebzeiten einige an die Seminarbibliothek geschenkt hatte, an die Bibliothek des Bischöflichen Priesterseminars. Auch dem Konvikt, das 1839 durch einen Verein aus Geistlichen und Laien mit dem Ziel gegründet worden war, um jungen Männern vom Lande den Weg zum Priestertum zu ermöglichen und das 1846 einen Neubau bezog, legierte Schue aus seinem Besitz Mobiliar, Hausgerätschaften u.a.m. Auch darunter fanden sich ebenfalls einige Bücher, die heute zum Bestand der Bibliothek des Priesterseminars gehören.

Schue hatte noch den Entschluss gefasst, seine 'Katechesen' drucken und unentgeltlich an seine früheren Hörer oder andere interessierte Geistliche verteilen zu lassen. Dieses Publikationsprojekt, für das er ein Kapital von 600 Talern zurück gelegt hatte, kam, soweit dies nach zu vollziehen ist, nicht zur Ausführung. Das in deutscher Sprache abgefaßte Manuskript (BPS Hs 198) im Umfang von 244 beschriebenen Blättern trägt auf dem Vorsatz den handschriftlichen Titel „Abdruck der in den obern Gymnasiums-Klassen zu Trier von Professor Schue gehaltenen Katechesen“. Die im Titel angedeutete Lehrtätigkeit am Trierer Gymnasium lässt sich nicht verifizieren. Das deutschsprachige Manuskript „Einleitung in die Katechese“ (BPS Hs 199) mit 480 Seiten Umfang und 2 unpaginierten Seiten als Register (die Seiten 82-87 wurden doppelt gezählt), zeigt ein deutlich divergierendes Schriftbild und man wird es nicht E. Schue zuweisen können. Vermutlich stammt dieses von seinem Onkel Matthias, wofür auch die auf dem Buchrücken angebracht Aufschrift „R[ervendus]. P[ater]. Schue Catechismus“ sprechen dürfte. - Unter der Signatur BPS DG 96:1-3 findet sich eine 1826 angefertigte Nach- oder Mit-Schrift der Katechesen Schues, die ein Student F. G. Schaefer anfertigte.

Engelbert Schue – ein Epitaph zur Erinnerung

Es vergingen einige Monate, bevor „am 12ten October [scil.1848; ...] dem dahier beerdigten sel.[igen] Herrn Domkapitular Engelbert Schue Hochwürden ein Grabstein mit folgender Inschrift gesetzt“ wurde. Die in der Chronik mitgeteilte Inschrift unterscheidet sich jedoch von der heute erhaltenen Gedenktafel: die Inschrift sollte demnach in lateinischer Sprache lauten

„Paterno in coemetrio requiem quaesivit et invenit Plur. Rdus Dnus Engelbertus Schue primum theologiae dogmaticae in seminario clericali quod est Treviris, proffesoris munere per annos XXIV et historiae ecclesiasticae per XX annos maxima cum laude functus dum ecclesia cathedralis quaedam civitatis canonici capitularis dignitate per annus XXI gavisus vir vitae gravitate et animi constantia et doctrina nec non in pauperes munificentia insignis, praecipue Te hac parochia bene meritus. Annos natus LXXVI obiit Treviris a. d. XI. Cal. Ia MDCCCXLVII. Huc translata est sepultus a. d. IX Cal. Ian. ejusd.[em] anni cujus anima reqiescat [sic!] in s.[empiterne] p.[ace].” “Auf dem heimatlichen Friedhof hat die Ruhe gesucht und gefunden der Hochwürdigste Herr Engelbert Schue, der zuvörderst die dogmatische Theologie im Trierer Klerikerseminar als Professor über vierundzwanzig Jahre und der Kirchengeschichte über zwanzig Jahre mit größtem Lob ausübte, und während einundzwanzig Jahren erfreute er sich der Würde eines Kapitelskanonikers der Kathedralkirche hiesiger Bischofsstadt; er war ein Mann, dessen Leben durch Würde, Beharrlichkeit der Seele und der Lehre, in der Tat auch durch Hochherzigkeit gegenüber den Armen geziert, besonders für diese Pfarrei hast Du Dich verdient gemacht. Im 76. Jahr starb er in Trier am 11. Tag vor den Kalenden des Januar [d. i. der 22.12.] 1847. Nach hier wurde der Leichnam übertragen am 9. Tage vor den Kalenden des Januar ebendesselben [Jahres], dessen Seele ruhe in ewigem Frieden.“

Die Inschrift auf dem Friedhof lautet: „Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, der wird leben, wenn er auch gestorben ist“ (Joh 11,25) „Hier ruhet in Gott der hochwürdige Herr Engelbert Schue, der freien Künste und der Philosophie Magister. Er war geboren zu Trittenheim am 3. März 1772 wurde zum Priester geweiht am 22. März 1792 [recte: 1795], wirkte als Professor der Theologie am Bischöflichen Seminar zu Trier und starb als Domkanonikus am 22. Dezember 1847. Spende dem Wohlthäter Trittenheims das Almosen des Gebetes”.

Christoph Schmitt, Calw

Quellen:
Pfarrchronik Trittenheim Bd. 1 (1589-1870).
Trier'sches Intelligenzblatt, No. 308, Donnerstag, den 30. Dez. 1847

Sekundärliteratur:

  • [Anonymus], Engelbert Schue, ein trierer [sic!] Domherr, in: Kur-Trier 6 (1922) S. 88-89.

  • Fr. Bösken, Die Orgelbauerfamilie STUMM aus Rhaunen-Sulzbach und ihr Werk. Ein Beitrag zur Geschichte des Orgelbaus am Mittelrhein, Mainz 1960, (Sonderdruck der "Mainzer Zeitschrift. Mittelrheinisches Jahrbuch für Archäologie, Kunst und Geschichte, 55 {1960}).

  • Ph. de Lorenzi, Beiträge zur Geschichte sämtlicher Pfarreien der Diöcese Trier, I: Regierungsbezirk Trier, Trier 1887; II: Regierungsbezirk Coblenz, Trier 1877.

  • Metropolis Ecclesiae Trevericae [...] Broweri et Masenii S. J. opus emendavit, auxit, edidit Christianus de Stramberg, tom. II, Confluentibus [Koblenz] 1856.

  • Der Weltklerus der Diözese Trier seit 1800. Hrsg. vom Diözesanarchiv, Trier 1941.

Abkürzungen:

  • AmrhKG = Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte

  • BATr = Bistumsarchiv Trier

  • BPS = Bibliothek des Bischöfl. Priesterseminars Trier

  • KTJb = Kur-Trierisches Jahrbuch

  • PfChr = Pfarrchronik (Trittenheim)

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