Trittenheimer Weinlagen

Alte Anzeigen von Weinverkäufen oder Weinkarten vor und um 1900 sprachen in der Regel nicht von Weinen mit einer Weinlagenbezeichnung. Meist tauchte einfach der Begriff "Trittenheimer [Wein]" auf. Der so angebotene Wein wartete auf einen Käufer, der ihn nach Preis und Geschmack wählend kaufte.

Erst um die Wende zum 20. Jahrhundert tauchen heute geläufige Weinlagenamen auf. Zunächst sind es Weinlagen besonders bekannter Weine. Der Zweck dieser Etikettierung bestand darin, Straftaten durch Verkauf von Wein unter falscher Herkunftsangabe zu verhindern bzw. bei Täuschungen diese Straftat ahnden zu können. Entsprechend wurde eine gesetzliche Regelung über die Herkunftsbezeichnung von Weinen eingeführt. Dies erfolgte im Rahmen des Warenbezeichnungsgesetzes von 1894 ("Gesetz zum Schutz der Waarenbezeichnungen", abgedruckt im Reichsgesetzblatt des Jahres 1894, S. 441).

1909 wurde dieser Schritt weitergeführt im ersten ausführlichen Deutschen Weingesetz (7. April 1909, RGBl, S. 393ff.) verankert. Zunehmend wurden die Weine unter Lagebezeichnungen vermarktet; dies spiegelt sich in den Eindrucken auf den Etiketten wider. Neben dem Herkunftsort erschien in der Regel ein Weinlagennamen, der sich häufig an einem Flurnamen als genauerer Abgrenzung orientierte.

1868 erscheint  die „Saar- und Mosel-Weinbau-Karte für den Regierungsbezirk Trier“[1]; sie listet die auf Trittenheimer Gemarkung bekannten "Lagen“ auf, die für Weinbau genutzt werden (die Schreibweise folgt der Vorlage):

Ortsseitig (von Westen her):

Laurentiusberg,
Olk,
Galgenberg
und Weierbach

 

Rechte Moselseite (von Westen):  

In der Perig,
Pergerkopf,
Im Fusswingert,
Fahrfels,
In den Gährteilen [sic],
Kaulsbor,
In den Sonnteilen,
In der Graulay,
Im Neuberg,
Unter Peil auf der Fahrt.

 

 

1898 und 1905 gibt der Trierer Buchhändler Heinrich Stephanus die „Weinbau-Karte von den Gebieten der Mosel und Saar im Maßstab 1 : 60000“[2] heraus. Die Ausgabe des Jahres 1898 führt als Trittenheimer Weinlagen auf:

 

Ortsseitig (von Westen her):

Laurentiusberg,
Olk,
Falkenberg,
Galgenberg
und Weierbach

 

Rechte Moselseite (von Westen):  

Am Fahr,
Ober Peil,
Unter Peil.

 

In der Ausgabe des Jahres 1905 werden dann genannt:

Ortsseitig (von Westen her):

Laurentiusberg,
Olk,
Falkenberg,
Galgenberg,
Weierbach

 

Rechte Moselseite (von Westen):  

Unter Pail auf der Fahrt,
Im Neuberg,
In der Graulay,
Unter Peil,
In den Sonnteilen,
In den Gähteilen,
Am Fahr,
Im Fusswingert,
Pergerkopf,
In der Perig,
In der Kucht,
Auf dem alten Haus.

 

1914 folgt eine weitere Ausgabe, in der zu lesen ist:

"Trittenheim (l.[inkes Ufer]). Station der Moseltalbahn (121,55 [km]), auch Station Hetzerath; Kahnstation. Größe der Weinbaufläche: 91 Hektar, davon 21 mit Kleinberger, 2.-8. Klasse. Durchschnittlicher Jahresertrag 232 Fuder. Weinbergslagen:
Laurentiusberg,
Olk,
Päul [d.i. Paiel],
Fahr,
Galgenberg,
Falkenberg,
Hermesberg,
Weiherbach,
Neuberg,
Sonnteilen,
Fußwingert,
Althaus,
Auf dem Fahr.
Weingutsbesitzer: [Friedrich-Wilhelms-]Gymnasium in Trier, Priesterseminar in Trier. Gasth.: Trithemius, M.J. Clüsserath.
Feste Moselbrücke."

Fritz Goldschmidt gibt 1920 ein Buch heraus mit dem Titel „Deutschlands Weinbauorte und Weinbergslagen“ (Mainz 1920). Darin will er die zu seiner Zeit „in den einzelnen Orten existierenden Weinbergs-Lagenamen, insoweit solche feststellbar und gebräuchlich“ zusammen tragen. Zur "Feststellung des Verzeichnisses der Weinbergslagenamen" greift auf die "Hülfe der Bürgermeistereien“ zurück.

Die Zusammenstellung ist insofern bedeutsam, als sie auf dem Hintergrund des Weingesetzes von 1909 geschrieben wurde. Die einschlägigen Paragrafen des damals geltenden Warenbezeichnungsgesetzes waren nicht mehr genau genug. So schuf das Gesetz 1909 in der Etikettenfrage für den gewerbsmäßigen Verkehr von Wein klarere Bezüge, weil „geographische Bezeichnungen  nur zur Kennzeichnung der Herkunft verwendet werden [dürfen]".

 

Im Abschnitt zu Trittenheim lesen wir (hier vollständig zitiert; vgl. S. 108):

 

„Trittenheim, M. , Kreis Trier.

 

Weinbergslagen:
Unterm Karl,
Auf Scheckelerweg,
Beim Heidenburgerpfädchen,
Mockenlay,
In der Gall,
Hinzenberg Geistrift,
Schneekaul,
Auf Leernich,
Auf dem Scheckelerweg,
Auf'm alten Haus,
Im Neuntert,
In der Kucht,
In der Perrig,
Auf'm Pergerkopf,
Im Vogelsang,
Hinterm Fahrhaus im Fußwingert,
Fahr-Fels,
In den Jöchteilen [recte: Gähteilen],
Am Fritzen Weinberg,
Aufm Kaulsbohr,
Unter Paiel,
In den Samteilen [recte: Sonnteilen],
In der Held,
Im Neuberg,
In der Graulay,
Unterm Paiel auf der Fuhrt,
In der Jungfeld [recte: Jungheld],
Hinkellay,
Bitschberg,
Auf Rackelsgraben,
Beim Rackelsgraben,
Im Falkenberg,
Im Falkenberg ober dem Pfädchen,
Im Jalkenberg [recte Falkenberg] unter dem Pfädchen,
In der Letsch,
Gehlenberg,
Fankelter,
Im Laurentiusberg,
In der Scheif [sic],
Auf Saarlei,
Mühlenpäden,
Im Buhlenberg,
Im Trifus,
Lauerberg,
Auf'm Artenweg,
Zwergfeld ober Lauerberg,
Zwergfeld,
Weingarten auf'm Sträßchen,
Auf'm Artenweg,
Unterm Artenweg,
Heisertchen,
Viertelwingert,
Olkgarten,
Herresgarten,
Im 2ten Wäldchen,
Im Wäldchen zum Galgengraben,
Im Galgenberg,
In der Weierbach.

 

Es werden hauptsächlich gepflanzt: zirka 54 Hektar Weißwein. Hauptsächlich vorkommende Traubensorte: Riesling.“

 

Nicht jeder aufgeführte Flurname diente tatsächlich zur Bezeichnung des Lagennamens auf Etiketten; soweit nachweisbar, sind im vorstehenden Text die auf Etiketten nachgewiesenen Lagenamen fett gesetzt.

 

Welche Weine via Etikett wohl wirklich bekannt wurden, zeigt die Beschreibung von Felix Meyer. Meyer fragte, „wer kennt nicht den Trittenheimer Laurentiusberg, Weierbach, Graulay, Neuberg, Leiterchen, Fahrfels, Altärchen, Falkenberg, Sonnteil, Gärteil  [sic], Fusswingert, Neuntert, Kaulsbohr und Olk?" (S. 115).

 

Von diesen Flurnamen tauchen als Weinlagennamen im Laufe der Jahrzehnte bis zur Neuordnung der Weinlagen im Jahre 1971 (§ 21) besonders häufig auf:

 

Trittenheimer Altärchen[3]

 

Trittenheimer Apotheke[4]

 

Trittenheimer Clemensberg[5]

 

Trittenheimer Fahrfels[6]

 

Trittenheimer Falkenberg[7]

 

Trittenheimer Hermesberg[8]

 

Trittenheimer Laurentiusberg [9]

 

Trittenheimer Neuberg[10]

 

Trittenheimer Olk[11]

 

Trittenheimer „Porriger Kupp“ (=Pergerkopf) (=Per[r]ig) [12]

 

Trittenheimer Sonnteil[13]

 

Trittenheimer Weierbach[14]

 

Nach der Novellierung des Weingesetzes 1971 bleiben zwei Weinlagen – Trittenheimer Altärchen und Trittenheimer Apotheke – sowie die beiden Einzellagen Leiterchen und Felsenkopf.

 
 
 

Christoph Schmitt

Weinlagen und ihre Geschichte

  • Trittenheimer Altärchen
  • Trittenheimer Apotheke
  • Trittenheimer Leiterchen
  • Trittenheimer Felsenkopf

Weinlagennamen, die bis zur Reform der Bezeichnung 1971 verwandt wurden:

 

Weinlagen im Spiegel der Versteigerungen

Hinweise, wie sich die Weinlagen in der Werbung für den Wein entwickelt haben, finden sich auch in den Veröffentlichungen über die jährlichen Weinversteigerungen.

Die Obermosel-Zeitung (45. Jg., Nr. 39, 16.02.1925, S. 6) berichtet:
"Weinversteigerungen in Trier (2. Tag.)
Am 11. Februar kamen folgende Weine zum Ausgebot: Weingut Josef Milz in Neumagen: 1 Fuder 1922er Drohner Meilberg 1140 Mark; 2 Fuder 1922er Trittenheimer Sonnteil und Laurentiusberg 1100 und 1030, zusammen 2130, im Durchschnitt 1065 Mark; 1 Fuder 1922er Neumagener Held 1050 Mark! 1 Fuder 1922er Trittenheimer Weierbach 1050 Mark; 1 Fuder 1922er Neumagener Hambuch 1050 Mark; [...] Gesamterlös für 10 Fuder 1922er 11 800, im Durchschnitt 1180 Mark. [...] Friedrich Wilhelms-Gymnasium zu Trier. [...] Weingut Trittenheim: 1 Fuder 1922er Dhroner Hofberg 1110 Mark; 2 Fuder 1922er Trittenheimer Laurentiusberg zu 1220 und 900, zusammen 2120, im Durchschnitt 1060 Mark; 1 Fuder 192er [sic!] Neumagener Weierberg 860 Mk.; 2 Fuder 1922er Trittenheimer Perigerkupp und Laurentiusberg zu 1500 und 1500, zusammen 3000 Mark. Zusammen für 6 Fuder 1922er 7110, im Durchschnitt 1185 Mark. [...] Weingut Josef Milz zu Neumagen: 1 Fuder 1921er Trittenheimer Laurentiusberg zu 3000 Mark; 1 Fuder 1921er Neumagener Engelgrube zu 3000 Mark; 1 Fuder 1921er Dhroner Kandel zu 3010 Mark; 3 Fuder 1921er Trittenheimer Leiterchen, Felsenkopf und Sonnteil zu 2840, 3350 und 3000 Mark, zusammen 9190, im Durchschnitt 3063 Mark, 2 Fuder 1921er Dhroner Hofberger zu 3110 und 3010, zusammen 6120, im Durchschnitt 3060 Mark. Gesamterlös für 8 Fuder 1921 er verschiedener Lagen 24 320, im Durchschnitt 3040 Mark. [...]".

Die Lagen Trittenheimer Leiterchen und Felsenkopf waren schon seinerzeit im Alleinbesitz des Weingutes Milz. Dieses hatte die Marke Leiterchen 1922 angemeldet und 1923 beim Markenamt eintragen lassen; für den Felsenkopf war die Registrierung schon 1909 als Anmeldung und Eintragung erfolgt.

Die Erstnennung der Trittenheimer Apotheke

Seit wann gibt es die Weinlage "Trittenheimer Apotheke"?
Eine Antwort darauf zu geben ist nicht ganz einfach - und genauso fraglich ist es, wie es zum Entstehen des Namens kam.

Wer denkt beim Wein nicht gern an wohltuende Arznei? Auch mit biblischer Hilfe wird einem schwachen Magen dazu angeraten, ein wenig Wein zu gebrauchen (vgl. 1 Tim 5,23). Dass eine ganze Weinlage dieser medizinischen Wirkung verpflichtet werden sollte - auch der Ruf und Namen der Lage Bernkasteler Doktor geht ja auf eine solch heilsamen Wirkung zurück - freut den Weinfreund ebenso wie den Winzer, selbst wenn es nur eine Legende ist.

Schon Karl Christoffel handelte in seinem Buch über die "Weinlagen der Mosel" die "behäbige Apotheke" unter den originellen und scherzhaften Namen ab (S. 36f.). Vermutlich war auch er in Verlegenheit, benennen zu können, woher der Name stammen könnte.

Vielleicht eine der frühesten Nennungen findet sich in einer Versteigerungsmitteilung der luxemburgischen Obermosel-Zeitung vom Dezember 1928. Berichtet wird über eine Weinversteigerung in Trier, die am "3. Versteigerungstage [...] einen besonders guten Besuch aufwies". Zum Ausgebot kamen durch das "Bischöfliche Priesterseminar zu Trier: 44 Fuder 1926er Mosel- und Saarweine und zwar 27 Fuder Saar und 17 Fuder Mosel. [...] 6 Fuder Trittenheimer Fußwingert, Sonnteil, Apotheke, Graulay, Laurentiusberg, zu 1360, 1310, 1340, 1410, 1700, 1780 Mark, zusammen 8900 Mark, durchschnittlich 1483 Mark. [...]" (Obermosel-Zeitung 47. Jg., Nr. , 7.12.1028, S. 3).

Mm Mai 1929 versteigert das Bischöfliche Priesterseminar neben dem Pfarrgut Trittenheim (dieses versteigerte 2 Fuder 1927er Trittenheimer Olk und Laurentiusberg zu 1490 und 1500 Mark) wiederum Trittenheimer Weine: "3 Fuder Trittenheimer Apotheke, Fußwingert, Laurentiusberg, zu 2710, 2060, 2540 Mark, zusammen 7310 Mark, durchschn. 2436 Mk.". (Obermosel-Zeitung 49. Jg., Nr. 121, 28.05.1929, S. 3).

Der Aufstieg des Namens Apotheke zu seinem heutigen Bekanntheitsgrad begann allerdings erst nach dem Zweiten Weltkrieg. Bis dahin war etwa der Laurentiusberg  der gesuchteste Wein. Dass der Lagenamen Apotheke erstmals in den 1920er Jahren  auftauchte ist festzustellen. Doch warum dieser Name gewählt wurde bleibt rätselhaft: Die Lage findet sich im wesentlichen auf der rechten Moselseite, dort, wo in kurfürstlicher Zeit die Abtei St. Matthias/Eucharius (Trier) ihre Rechte hatte. Besitzbeschreibungen der alten Abtei im Landesarchiv Koblenz (Bestand 210) nennen durchgängig die heute auf der rechten Moselseite zwischen Fährfels und Gemarkungsgrenze zu Neumagen gelegene Bergfläche als abteilicher Besitz. Ortsseitig setzte sich etwa auf gleicher Höhe der Besitz fort in der Mattheiser Acht (markiert durch die heutige Moselstraße und die Spielesstraße). Dieser Besitz dürfte mit den in der Urkunde des Papstes Eugen III. 1148(1149) bestätigten Besitzrechten eines Hofgutes und der Kirche St. Clemens weitgehend übereinstimmen.

Sollte etwa dieser Bezirk des Abtes, in Quellen als 'apt' widergegeben (so im Weistum von 1599), dazu verleitet haben das aptig mit dem im Dialekt lautmäßig ähnlich klingenden Wort für Apotheke 'Apdikt' zu verwechseln? Oder war es der kluge Schachzugs eines Weinhändlers, dem im Privatbesitz befindlichen 'Bernkasteler Doctor' eine pharmazeutische Unterstützung mit der 'Apotheke' bei zu fügen? Das Rätsel harrt noch seiner Lösung. Zumindest hätte ein Trittenheimer Abtsberg oder Abteiberg nicht ein vergleichbares Alleinstellungsmerkmal wie die 'Trittenheimer Apotheke'.

In Abwandlung eines Schillerzitates aus der Jungfrau von Orleans ließ die Pharmazeutische Zeitung 1936 diesen Gedanken anklingen: "Man soll vom Doktor zur Apotheke gehen: Sie beide wohnen auf der Menschheit Höhen".

"Die größte Apotheke der Welt"

Wenn eine Apotheker-Zeitschrift, genauer gesagt die "Pharmazeutische Zeitung" über die Apotheke Trittenheims schreibt, dann merkt man schon, dass sie etwas neidisch ist auf die größte Apotheke, die in Trittenheim liegt - allerdings unterscheidet sich ja die eine Apothekenlandschaft von der anderen. Die Trittenheimer Apotheke ist ja schließlich eine Weinlage und stellt nur in einem weiterem Sinne und mit klarem Maß ein Heilmittel bereitstellt. Mehr dazu findet sich online.

Übrigens: Schon in der Ausgabe der Pharmazeutische[n] Zeitung, 81. Jahrgang (1936/Nr. 80) S. 1068, fand sich ein Artikel über die Trittenheimer Apotheke.

Trittenheimer Weierbach

Diese Weinlage leitet ihren Namen ab vom "Weierbach", einem kleinen Gewässer, das die Grenze zwischen den Gemarkungen Trittenheim und Neumagen bildet und auf dem Klüsserather Berg entspringt.

Eine weinbauliche Nutzung ist mindestens seit dem 19. Jahrhundert nachweisbar, wie eine Anzeige in der luxemburgischen Zeitung "L'Union"  vom 10. November 1865 zeigt: Anzeige

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