Bau-Geschichte der Mittelmoselweinstraße

Wer kann sich das heute noch denken, Trittenheim nur über umständliche Feldwege, mit der Bahn oder per Schiff zu erreichen? Bis in das Jahr 1933 sahen sich Trittenheimbesucher mit die- ser Situation konfrontiert – und das galt für fast alle Orte im Bereich zwischen Schweich und Neumagen.

Der Bau der Moseltalbahn zu Beginn des 20. Jahrhunderts war ein erster Schritt zur verkehrs- mäßigen und damit auch wirtschaftlichen Erschließung. Davon profitierten aber uneingeschränkt nur die rechts der Mosel gelegenen Orte. Die zunehmende Bedeutung des Kraftfahrzeugverkehrs ließ den Wunsch lauter werden, bis an die Häuser heran fahren zu können, zu denen man wollte. Den Wunsch interessierte besonders die Weinhändler und Winzer, um ihren Wein besser vermark- ten zu können. Noch zu Zeiten der großen Wirtschaftsdepression 1924 faßte man im Kreiswege- plan des Landkreises Trier den Plan zum Bau einer Straßenverbindung für die Moselgemeinden bis Neumagen. Für das Jahr 1926 stellte die Provinzregierung schon Gelder in Aussicht. Die Li- nienführung sollte aus Kostengründen und zur günstigeren Bauausführung auf der linken Mosel- seite verlaufen. Der Baubeginn konnte jedoch erst 1927 erfolgen. Von Schweich über Mehring und Trittenheim sollte die hochwasserfreie Straße bis zur Kreisgrenze bei Neumagen führen. Von dort aus sollte die Straße auf der rechten Moselseite auf der bestehenden Straße in Richtung Koblenz weitergeführt werden

Um von der linken auf die rechte Moselseite bei Neumagen zu gelangen, war eine Brücke ge- plant, die aber in den dreißiger Jahren nicht mehr gebaut werden konnte. Die Folge war, dass der Trittenheimer Brücke eine wichtige Rolle für den Verkehr zukommen sollte. Man war sich damals schon bewusst, dass dies nur eine Notlösung sein könne. Die dauerte aber bis Anfang der 60er Jahre. Die Brücke zeigte schon durch den Bergdruck erheblichen Reparaturbedarf und weitere Belastungen würden den Bauunterhalt intensivieren.

Der Bauabschnitt zwischen Klüsserath und Trittenheim erwies sich als besonders schwierig, denn hier bislang nur ein schmaler Fußpfad vorhanden, der die Dörfer moselnah verband. Vor dem Straßenbau bedeutete dies für die Winzer eine mühsame Art, die Weinberge zu bestellen oder die Ernte einzubringen, denn sowohl Dünger als auch die reifen Trauben mussten für die Leiwener Winzer in kleinen Kähnen zum gegenüberliegenden Ufer gebracht. Mit der neuen Straße konnte man nun mit den Fuhrwerken bis an den Fuß der Weinberge zu gelangen; dies bedeutete zweifel- los eine wirtschaftlichere Efizienz und man konnte auch mit höheren Erträgen rechnen.

In Trittenheim verlief die neue Straße mitten durch den Ort. Diese neue Infrastruktur schuf die Möglichkeit, eine größere Zahl von Neubauten zu errichten. Allein 1932 entstanden sechs Häuser. Die Moselbrücke mußte aus den oben erwähnten Gründen an die neue Straße angebunden wer- den. Dazu war eine neue Brückenzufahrtsrampe (die heutige Brückenstraße) anzulegen. Dies machte es notwendig, die Straße auch durch die Scheune des Hauses der Familie Weiß-Kolz zu führen. Erst später wurde das Gebäude abgerissen.

Bemerkenswert ist, dass allein für den Bau der Straßendammanlage zwischen Klüsserath und Trittenheim zwei Jahre Bauzeit gebraucht wurden. Zur Beförderung des Materials wurde eine Förderbahn eingerichtet. Sie transportierte aus einem Steinbruch in der Nähe des Distrikts Weierbach Gestein bis an die Baustelle. Auch hier machte die Streckenführung für die nötige Gleisanlage den Abriss einiger Ställe und Scheunen Trittenheim notwendig.

Die Eröffnung der Straße geschah am 13./14. Mai 1933. Wegen der schwierigen wirtschaftli- chen Lage sollte sie ohne größere Festivitäten erfolgen. Und doch sollte gleichzeitig die Eröffnung zur Werbung für das neu erschlossene Moselgebiet genutzt werden. Eine Sternfahrt wurde organi- siert, die als Ziel Bernkastel haben sollte; von dort sollte in geschlossenen Kolonnen nach Tritten- heim gefahren werden. In Trittenheim wurde das offizielle Eröffnungsfest ausgerichtet. Von dort aus würde man anschließend nach Trier auf der neuen Straße weiterfahren.

Auch wenn die neu gewählte NSDAP- Regierung nichts zu der in der Weimarer Republik ge- schaffenen Verkehrsinfrastruktur beigetragen hatte, wußte die Parteiorganisationen diese Eröff- nung für sich zu nutzen. Zum Festplatz wurde der Gemeindeplatz genutzt, den man kurz vorher nach dem neuen Reichskanzler umbenannt hatte. Strömender Regen war allerdings die Begleiter- scheinung, als die Beiträge von zwei Musikkapellen zelebriert wurden. Der Ansprache des Landrates Dr. Peter Simmer folgten die des Oberpräsidenten Ferdinand Freiherr von Lünick1, des Regierungspräsidenten Dr. Konrad Saassen2 und des Vizepräsidenten des AvD, Rudolf Freiherr von Brandenstein3, damit die Straße dem motorisierten Verkehr nutzbar wurde. Rund 400 Autos und Motorräder parkten an diesem Tag entlang der geschmückten Mittelmoselstraße. Bevor die Kolon- ne in Richtung Trier aufbrach, würdigten die Trittenheimer die Gäste mit einer „Weinspende“. End- lich war der Weg frei und um auf lange Sicht gesehen wurde die Mittelmoselstraße zu einer wichti- gen Verkehrs- und Wirtschaftsader für Handel und Tourismus.

Christoph Schmitt

Anmerkungen:

1) Ferdinand Joseph Meinolph Anton Maria Freiherr von Lüninck (* 3. August 1888 in Ostwig; † 14. November 1944 in Berlin- Plötzensee): deutscher Offizier, Politiker der DNVP, Oberpräsident von Westfalen, Widerstandskämpfer gegen den National- sozialismus.
2) Regierungspräsident von Trier, * 8. März 1886 in Fischeln/ Kreis Krefeld, † 18. September 1937 in Köln.
3) *1871 † 1957.

Mittelmoselstraße als Entwurf auf einer Ansichtskarte (Ende der 20er Jahre)

Neu errichtete Zufahrt zur Brücke (um 1933)

Ein Bericht über die Einweihung aus dem Luxemburger Wort vom 15. Mai 1933 (S. 6). Und in der Ausgabe des Luxemburger Wortes vom 18. Mai 1934 wirbt das am 1. Juli 1933 neueröffnete Hotel "Moselterrasse" in Trittenheim mit der guten Erreichbarkeit durch die "neuerbaute Mittelmoselstraße".

Um die neue Verkehrsverbindung bauen zu können war es erforderlich, privates Gelände für den Straßenbau aufzukaufen. Einige Gebäude im Dorfkern mußten dabei auch niedergelegt werden. Einblick in die Situation gibt eine private Zeichnung von Matthias Zenz (nicht maßstabsgerecht), die zeigt, dass dort, wo sich heute die Kreuzung Mittelmoselstraße (Bundesstraße) / Moselstraße/Spielesstraße befindet, ein Schuppen und ein Haus von J. Kirsten-Schmitt abgerissen wurden, ebenso die Schweeineställe, ein Backhaus (wo früher eine Schmiede stand) und auch das Haus von M. Zenz. Die Karte zeigt auch noch den "Kreutzpütz", einen Brunnen an der damals noch Kreuzstraße genannten Straße, an der sich auch das Pestkreuz befand, das später versetzt wurde.

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