Stefan Andres, ein Kind der Mosel, ein Mann des Südens

Stefan Paul ANDRES (Quelle Foto: Konrad Adenauer Stiftung) wurde am 26. Juni 1906 in Trittenheim-Dhrönchen geboren, das kommunal zu Trittenheim, kirchlich zu Leiwen gehörte. Er verstarb am 29. Juni 1970 in Rom und wurde auf dem Campo Santo Teutonico bestattet.

Als Sohn einer Müllerfamilie, die durch den Bau einer Talsperre ihre Mühle aufgeben mußte, zog er mit 4 Jahren nach Schweich, wo er seine Jugend verleben sollte. Nach dem Besuch der Volksschule (1912-1918) wandte sich der von seinen Eltern zum Priester bestimmte Stefan Andres 1918 am Collegium Josephinum der Redemptoristen in Vaals den Gymnasialstudien zu.

Im Herbst 1920 verließ der Klosterschüler auf Anraten seiner Oberen als Untertertianer das Kolleg. 1921 begann er bei den Barmherzigen Brüdern von Maria Hilf in Trier das Postulat in der Krankenpflege. Kurze Zeit später wandte er sich aber dem Juvenat bei den Armen Brüdern des Hl. Franz Xaver in Bleyerheide nahe Aachen zu (23.4. 1921 bis 1924). Während dieser Zeit entstanden Stefan Andres erste dramatische Versuche. Auch die Armen Brüder boten ihm keine Heimat und Stefan Andres bereitete sich 1925/26 in Neuss auf das Lehrerexamen vor, das er am 17.3. 1926 ablegte.

Stefan Andres wohnte in Dormagen und arbeitete außerhalb der Examensvorbereitungen an einer geschlossenen Anstalt für Fürsorgezöglinge. Noch ein weiteres Mal versuchte er das klösterliche Leben und trat in das Noviziat des Kapuzinerordens in Krefeld-Inrath ein (September 1926). Am Ende des Noviziats wurde ihm das consilium abeundi ausgehändigt.

Anfang Januar 1928 übernahm er schliesslich die Schriftleitung der katholischen Monatszeitschrift “Der Marienborn”. Sie bot ihm Raum für die Veröffentlichung früher, von ihm später wenig geschätzter Arbeiten.

Im Bischöflichen Konvikt in Bensheim konnte er dann als Lateinlehrer unterrichten; gleichzeitig bereitete er sich selbst auf das Abitur für Nichtschüler vor. Dieses legte er im Februar 1929 ab.

Bei der Rückkehr in das Elternhaus fiel sein Entschluss, sich nicht mehr als Ziel die Theologie zu setzen. Vielmehr richtete sich sein Studienwunsch auf die Germanistik, Kunstgeschichte und Philosophie. Zum Studienort wählte er sich Köln (1929-1931). Von dort aus war es ihm möglich, Kontakte zur Düsseldorfer Künstlerszene zu knüpfen. Mit dem Sommersemester 1931 setzte er seine Studien an der Universität in Jena fort. Dort lernte er seine spätere Frau kennen, die Medizinstudentin Dorothee Freudiger. Trotz bescheidener finanzieller Verhältnisse wechselte Stefan Andres im Wintersemester 1931/1932 an die Friedrich-Wilhelms-Universität (jetzt Humboldt – Universität).

Als Stefan Andres “Bruder Lucifer” erschien, erhielt er ein Stipendium der Abraham-Lincoln-Stiftung. Damit verwirklichte er sich 1932 den Traum einer Italienreise; die sollte bleibende Folgen haben. Einen akademischen Abschluss erwarb der junge Autor nicht mehr. Nach seinem Umzug nach Köln heiratete Stefan Andres 1932 Dorothee Freudiger, die eifrigste Förderin seines literarischen Schaffens.

Im nationalsozialistischen Deutschland gelang es dem jungen Autoren nur schwer, Fuß zu fassen. Sein Leben bewegte sich in diesen Jahren zwischen Angst und Anpassung. Seine Tätigkeit beim Kölner Rundfunk unterbrach er nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten und zog sich schließlich im Frühjahr 1933 mit seiner halbjüdischen Frau nach Positano (Italien) zurück. Auf eine kurze Zeit kehrten beide zurück, bevor ihm 1935 beim Rundfunk gekündigt wurde. Über Lomnitz, wo die Schwiegereltern lebten, und München wandten sich die Emigrierenden 1937 mit Familie wieder dem Mittelmeerstädtchen Positano zu. Seine in Lomnitz entstandene Novelle “El Greco malt den Großinquisitor” wurde zur subtilen Auseinandersetzung mit der eigenen Zeitgeschichte.

Trotz der politischen Achse Deutschland-Italien 1938 blieb Stefan Andres, letztlich zur inneren Emigration entschlossen, in Positano. hier ist eine Schaffensphase angesiedelt, mit deren Romanen, Novellen, Erzählungen und Gedichten die fruchtbartse Lebenszeit zu nennen ist.

1941 legte Stefan Andres ein weiteres, zentrales und nicht nur zeitkritisch zu lesendes Werk vor: “Wir sind Utopia”; später entstand eine Dramafassung und mehrfach wurd der Stoff verfilmt. Der Tod der ältesten Tochter 1942 fand die tiefste Auseinandersetzung in lyrischer Form.

Nach der Landung der Alliierten in Italien 1943 hielt sich Stefan Andres im Auftrag der Alliierten als Redner in Deutschland auf. Eine frühe Rückkehr nach Deutschland wurde ihm verwehrt. Stefan Andres konnte erst 1948 zu einer Lesung einreisen und 1949/1950 zog er im Zuge der Repatriierung mit seiner Familie nach Deutschland. In Unkel am Rhein nahm man Wohnung. Kaum zurückgekehrt erhielt er 1949 den Rheinischen Literaturpreis. Beim Zweiten Internationalen Jugendkongress 1948 in München machte er die Bekanntschaft mit seinem späteren Verleger Klaus Piper, in dessen Verlag das Gros seiner Werke erschien. Stefan Andres wurde Mitglied des PEN und der Darmstädter Akademie für Sprache und Dichtung. Sein Gesamtwerk wurde im Juli 1952 durch den Literaturpreis von Rheinland-Pfalz gewürdigt, im Juli 1954 empfing er den Großen Kunstpreis Nordrhein-Westfalens. Auch die Italienische Republik, die ihn beheimate hatte, ehrte Stefan Andres 1957 mit der Verleihung ihres Komturkreuzes. Die Bundesrepublik schloss sich im Januar 1958 mit der Verleihung des Großen Verdienstkreuz der Bundesrepublik an, nachdem Stefan Andres 1957 den Dramatikerpreis der Stadt Oldenburg entgegen nehmen konnte.

Im Protest gegen das “Schmutz- und Schundgesetz” und gegen die atomare Aufrüstung der Bundeswehr engagierte sich Stefan Andres in besonderem Maße politisch. Kompromisslos war sein Eintreten für die Verständigung zwischen Ost und West. Seine Hoffnung richtete sich auf eine deutsche Wiedervereinigung. In Düsseldorf erlebte sein Werk “Gottes Utopia” – das beste seiner Dramen – unter Gustav Gründgens Regie im September 1950 die Uraufführung: eine Vielzahl an Aufführungen folgten. Das Werk wurde 1953 in Berlin mit der Jochen-Klepper-Medaille ausgezeichnet. Die Aufführung seines Dramas “Sperrzonen” 1958, eine Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Shoah, hingegen rief einen Skandal hervor. Im Herbst des Jahrs 1961 machte Stefan Andres seinen Entschluss zur Rückkehr nach Italien wahr. Diese Rückkehr drückte auch eine gewisse Enttäuschung über die deutschen Verhältnisse aus. sie entsprachen nicht  seiner Vorstellung eines erneuerten Deutschlands.

Während des Zweiten Vatikanums wurde Stefan Andres römisches Haus zum Treffpunkt literarischer und theologischer Persönlichkeiten. Sein literarisches Schaffen wurde stiller, aber nun stärker von philosophischen Themen bestimmt. die letzte große Reise führte ihn 1968 nach Asien und in den Orient. Aus einem leichten operativen Eingriff wurde eine Komplikation, an der Stefan Andres verstarb.

Stefan Andres vertritt in seinen Werken eine Form christlichen Existentialismus, in der er sich mit der Lebensgestaltung des Menschen zwischen Freiheit und Schuld auseinandersetzt. Seine Werke zeigen eine Entwicklung, in der er sich zunehmend Stoffen antiker und mythologischer Herkunft widmet, um mittels ihnen die zeitübergreifenden Themen des Menschen literarisch darzustellen. Dabei ist sein Werk nie zeitvergessen, sondern vermittelte kritische Zeitgenossenschaft. Stefan Andres Christlichkeit in der Suche nach Gott und Wahrheit ist geprägt von einer humanistischen, zuletzt neuplatonisch geformten und undogmatischen Auslegung des Glaubens.

Christoph Schmitt

Stefan Andres in Wort und Bild

Und >>hier<< kann man Stefan Andres sehen und hören - bei einem Interview in Unkel am Rhein (1959).

Friedrich Terveen interviewt Stefan Andres und dieser "erzählt von seinem neuen Sommerhäuschen an der Mosel unterhalb von Trittenheim, das er sich als Arbeitsrefugium errichten ließ. Er berichtet über einen neuen Romanstoff, der Leben und Wirken des frühchristlichen nordafrikanischen Bischofs Synesios zum Gegenstand haben wird: "Die Versuchung des Synesios"."

Sonderbriefmarke „Stefan Andres“

Anläßlich des 100. Geburtstags erschien am 3. Juli 2006 die Sonderbriefmarke „Stefan Andres“. Die Präsentation fand in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung in Berlin statt.

Ein Blick mit Folgen - Stefan Andres und Trittenheim

„Was nun könnten die Trittenheimer – spät kommen sie, doch sie kommen! – für ihren

einstigen Mitbürger tun?“ fragt Jürgen Wichmann in seinem Aufsatz „Trittenheim hat etwas nachzuholen“1 . Könnte der Blick auf den Sitz der der Stefan-Andres-Gesellschaft oder der

Stefan-Andres-Lauf mehr nach Leiwen und Schweich gelenkt werden, so darf sich Trittenheim doch mit Fug und Recht zu den Orten rechnen, die den Autor und Dichter auch als den „ihren“ würdigen können. Allerdings ist die Frage der angemessenen Würdigung gar nicht so leicht und im Vergleich mit Johannes Trithemius ging es doch recht schnell zu. Der neu konstituierte Gemeinderat fasste im September 2004 den Beschluss, eine Bronzeskulptur schaffen und aufstellen zu lassen. Der Weg war geebnet zu einer angemessenen Würdigung. Es soll nicht übersehen werden, dass ein erster Schritt in der Widmung eines Straßennamens in einem Neubaugebiet im Trittenheimer Süden gemacht wurde. Doch die 2006 errichtete Skulptur bestimmt sich als wesentlicher Grund, die Beziehung zwischen dem Ort und ‚seinem’ Dichter künstlerisch zum Ausdruck zu bringen.

Aber die Würdigung endet ja nicht mit der Errichtung eines Denkmals, sondern sie mündet in eine Neu- und Wiederentdeckung eines Schriftstellers, der von hier ist und doch nicht wie die von hier einfach zu sehen ist. Man muss sich also erinnern an Gemeinsames und Unterscheidendes. Sich erinnern heißt auch Fragen zu stellen: die eine richtet sich darauf, die geschichtlichen Umstände der frühesten Kindheit Andres‘ zu betrachten und um vielleicht auch Gründe zu finden, warum Stefan Andres so lange als ein „verhinderter“ Trittenheimer nicht angemessen gewürdigt wurde. Die andere Frage richtet sich auf das Motiv des Brunnendenkmals, das im „Knaben im Brunnen“ quellt.

Stefan Andres – ein verhinderter und zugleich echter Trittenheimer?!

Gibt es in der Beziehung Stefan Andres’ zu Trittenheim etwas, das die kommende Würdigung nicht nur notwendig, sondern das lange Abwarten der Trittenheimer auch verständlich macht? Darf man sich ohne weiteres Stefan Andres als „bemerkenswerten Sohn“ Trittenheims zu eigen machen!?

Der Anspruch scheint hoch gegriffen zu sein. Denn getauft wurde er nicht hier (sein Taufbrunnen steht in der Stefanus-Kirche in Leiwen), und seine primären Schulerfahrungen, die ihn in einen engeren Kontakt mit Menschen von hier gebrachten hätten und umgekehrt war in Schweich. Sein Ende der 50er Jahre erbautes und zeitweise bewohntes Ginsterhaus bot dem Besucher einen herrlichen Ausblick auf die Moselschleife mit Leiwen und Trittenheim – aber es steht nicht auf Trittenheimer Gemarkung, sondern der Bau wurde Andres möglich durch eine Schenkung der Leiwener Ortsgemeinde. Aber mancher Trittenheimer weiß zu erzählen, Andres habe so manches Mal in Trittenheim Skat gespielt und einem guten Glas Wein sei er nie abgeneigt gewesen. Rechtfertigt das schon, ihn in die Reihe „bemerkenswerter Söhne“ Trittenheims einzugliedern?

Stefan Andres – und sein Blick auf Trittenheim

Andres’ Werke, soweit sie in seiner Heimat spielen, lassen nicht erkennen, dass gerade dieses Moseldorf ein besonderer literarischer Schauplatz sein könnte. Dazu war Stefan Andres auch zu wenig ein Heimatschriftsteller im landläufigen Sinne des Begriffs. Werden Orte seiner frühen Heimat zu Schauplätzen wie etwa in der Novelle der „Vermummten“ oder im Roman um die „unsichtbare Mauer“, dann schreibt er die ‚Atmosphäre’ der agrarisch bestimmten Moselorte als Folie aus. Es ist keine platte Beschreibung, sondern es sind in der literarischen Auseinandersetzung die Psychogramme einer Landschaft, die ihm zur Hand sind, um zu zeigen, wie sich die Menschen in ethischer wie gesellschaftlicher Weise auseinander setzen müssen in einer scheinbar heilen Welt, deren langsamer Fluss durch den Takt der Moderne umbricht. Eine von traditionellen Werten und Anschauungen geprägte Welt ist für Andres der geeignete Hintergrund, um auf seiner humanistisch-christlichen Anschauung basierend über die Weltgestaltung nach zu denken.

Nun zu den Texten selbst: nicht nur im „Knaben im Brunnen“ taucht der Ort als Schau- Platz auf und wird dort auch noch öfters beiläufig erwähnt; in der „unsichtbaren Mauer“ wird der Talort häufiger zum Schauplatz literarischer Figuren. Benannt wird das Dorf mit seinem im Dialekt „Tarattem“ lautenden Namen. „Tarattem“ steht in diesem Roman, der die Folgen des Einzugs der Moderne aufzeigt und dieses am Bau der Dhrontalsperre nach 1910 literarisch entwickelt, für eine traditionelle Gesellschaft in der eine Lebenswelt verortet ist, in der das Alte - scheinbar - hinter sich gelassen werden kann, um sich einer neuen Welt zuzuwenden. Diese neu eröffnete Welt ist allerdings eine Welt, die dem jugendlichen, aufmerksamen Beobachter Florenz Riedenburger letztlich doch nur als eine abwartende, progressive Entscheidungen letztlich nicht wirklich treffende neue Welt erscheint. Buchstäblich ist die Familie Riedenburger zu neuen Ufern aufgebrochen: der Bau der Talsperre (1911-1913), für die der eigene Sohn als Baurat wesentlich mitverantwortlich ist, zwingt zum Aufbruch und Verlassen der uralten Mühle. Der Aufbruch wird auch zum Abbruch von Beziehungen und damit befördert die für den technischen und offensichtlich auch sozialen Fortschritt stehende Sperrmauer nolens-volens eine „unsichtbare Mauer“ zwischen den Menschen. „Tarattem“ bietet zwar ein neuerbautes Haus und den Wandel vom Müller zur neuen Existenz als Bauer und Winzer – allerdings um den Preis, dass dem Hausvorstand Nikodemus Riedenburger, den die Dorfbewohner spöttisch als „Wingertmüller“ titulieren, zunehmend seine neue Existenz nicht nur geneidet wird, sondern sein persönlicher Aufbruch zu neuen Ufern schließlich stecken bleibt.

Dass Andres den Ort und seine Leute als literarische Folie und nicht als Inhalte eines Protokolls nützt, lässt ablesen in der literarischen Freiheit, in der er die Erzählung um 1912/13 ansetzt; erwähnt wird der Bahn-Haltepunkt der 1903 fertiggestellten Moseltalbahn, nicht aber die 1909 vollendete Brücke. Dabei steht nicht Nachlässigkeit für diese Entscheidung, sondern literarische Überlegung: was kann die Fragilität und Gefährlichkeit, das Hüben und Drüben, den beständigen Aufbruch zu neuen Ufern des Lebens besser charakterisieren als eben die klassische „Pont“, die es ja zuvor über Jahrhunderte gab! Die Moselbrücke aus Stampfbeton und eine der ersten war dazu ein zu modernes ‚Insttrument‘.

Diese symbolträchtige Pont ist aber ein Indiz für das, was dem „Jungen vom Lande – Jahrgang 1906“ vorenthielt, ein „ganzer Trittenheimer“ zu werden. Wäre er einige Jahre später im Dhrönchen geboren worden und wäre die Notwendigkeit zum Wegzug nach Schweich durch den Bau der Sperrmauer nicht gewesen, dann hätte aus ihm „problemlos“ ein „ganzer“ Trittenheimer werden können. So aber wurde der ‚kleine Steff’ nur kommunal ein Trittenheimer, während er kirchlich gesehen mit der Taufe ein Leiwener Kind wurde. Und all das, weil der Ort Trittenheim seit wir es wissen zu „zwei Welten“ gehört, die nicht unverbunden, aber unsicher zwei Moselufer zu eigen hat.

Ein kleiner Blick in die Geschichte des Dhrönchen

Seit der Ersterwähnung breitete sich die Trittenheimer Gemarkung schon immer über beide Moselufer aus. Jahrhundertelang waren Menschen auf ein Fährwesen angewiesen, das das Drüben zum Hüben und umgekehrt machen sollte und das trotzdem nicht jederzeit die Sicherheit bot, seine Aufgaben am je anderen Ufer erfüllen zu können. ‚Drüben’ lag für die Trittenheimer Bevölkerung schon immer das Dhrönchen, in dem seit dem 14. Jahrhundert nachweislich Mühlen betrieben wurden und wo sie das eigene Getreide zu mahlen hatten. Nach dem Zusammenbruch der französischen Herrschaft, die das alten kurtrierische Territorium schon einmal neu strukturiert hatte, wurde zunächst die linke Moselseite (also der Ort selbst) nach Preußen zugeordnet. „Die Gemeinde Thrönchen, oder Trittenheimer Thrönchen, auch Dröngen genannt, welche unter französischer Verwaltung zur Mairie Trittenheim gehört hatte, wurde, als zum rechten Ufer der Mosel liegend, der Bürgermeisterei Leiwen überwiesen“ schreibt Georg Bärsch in seiner „Beschreibung des Regierungs-Bezirks Trier“2 aus dem Jahr 1849. Mit den Wiener Beschlüssen von 1815 endete jedoch die zwischen dem 16. Juni 1814 und 28. Mai 1815 bestehende Verwaltung durch die kaiserlich-österreichische und königlich-bayerische Administration in Kreuznach. Nach diesem Datum gehörte das Dhrönchen wieder zur Kommune Trittenheim, die nun an der Grenze des Landkreis Trier lag. In seiner Eiflia illustrata (1854) bemerkt der gleiche Autor: „Das Trittenheimer Thrönchen oder Dhröhnchen [...] hat stets zur Gemeinde Trittenheim gehört, war auch ehemals dahin eingepfarrt, ist aber später der näher und bequemer gelegenen Pfarrei Leiwen überwiesen worden.“3 Diese Zuordnung blieb solange sinnvoll, bis im Jahr 1909 Trittenheim seine erste Brücke einweihen konnte. Nun war ein vom Wasserstand und vom Wetter unabhängiges Überqueren der Mosel möglich geworden und die Menschen aus dem Dhrönchen sollten sich als ganze Trittenheimer fühlen und wirken können. Wenig später wurden konsequenterweise durch eine bischöfliche Verfügung aus Trier die Katholiken des Ortsteils Dhrönchen der ‚Pastoration’ (Seelsorge) des Trittenheimer Pfarrers ... zugeordnet (unter dem Datum des 10. September 1909). Seither führte aber aus dem kleinen Dhrontal nicht nur der Weg zur Kirche nach Trittenheim, sondern auch der Weg zur Schule. Doch darum brauchte sich das Kind Stefan und die Familie Andres nicht mehr zu kümmern, denn der Weg aus dem Dhrontal führte nicht mehr an das Trittenheimer Ufer.

Die geschichtliche Erinnerung zeigt: Stefan Andres zwar zweifellos ein „echter Trittenheimer“, und doch auf eine andere Weise auch ein „verhinderter Trittenheimer“.

Christoph Schmitt

Anmerkungen:

1) Erschienen im Jahrbuch des Kreises Bernkastel-Wittlich (Monschau 2004).
2) Georg Bärsch, Beschreibung des Regierungs-Bezirks Trier. Nach amtlichen Quellen bearbeitet und im Auftrage der Königl. Preuß. Regierung herausgegeben von Georg Bärsch. 2. Theil: Enthaltend das Ortschafts-Verzeichnis nebst der Entfernungs=Tabelle, einer Vergleichung des bei den Ortschafts=Entfernungen angegebenen Preußischen Längenmaßes mit dem Französischen, und einem alphabetischen Ortschaftsregister. Trier : Lintz 1846. - S. 128.131f.
3) Georg Bärsch, Eiflia Illustrata oder geographische und historische Beschreibung der Eifel von Johann Friedrich Schannat. Aus dem lateinischen Manuscripte übersetzt und mit Anmerkungen und Zusätzen bereichert von G. Bärsch. Die Städte und Ortschaften der Eifel und deren Umgegend, topographisch und historisch beschrieben von Georg Bärsch. Des zweiten Bandes erste Abtheilung. Aachen, Leipzig : J A Mayer 1854. - S. 517.523-528.

Werke von Stefan Andres

Das heilige Heimweh. In: Marienborn (1928-1929);
Das Märchen im Liebfrauendom, 1928;
Bruder Lucifer, 1933 (1950);
Die Löwenkanzel. Gedichte, 1933;
Eberhard im Kontrapunkt, 1933;
Die unsichtbare Mauer, 1934;
Der ewige Strom. Oratorium, 1935;
El Greco malt den Großinquisitor, 1936 (1994);
Vom heiligen Pfäfflein Domenico, 1936;
Utz, der Nachfahre. Novelle, 1936;
Moselländische Novellen, 1937;
Schwarze Strahlen. Kammerspiel, 1938;
Der Mann von Asteri, 1939 (1967);
Das Grab des Neides. Novellen, 1940;
Der gefrorene Dionysos, 1942;
Wir sind Utopia, 1943;
Das goldene Gitter, 1943 (1951);
Das Wirtshaus zur weiten Welt. Erzählungen, 1943;
Italiener, [=Umgang mit Völkern; 15], 1943;
Die Hochzeit der Feinde, 1947 (1992);
Ein Herz, wie mans braucht. Schauspiel, 1946;
Die Söhne Platons. Komödie, 1946;
Die Hochzeit der Feinde, 1947;
Ritter der Gerechtigkeit, 1948;
Requiem für ein Kind. Gedichte, 1948;
Tanz durchs Labyrinth, 1948;
Über die Sendung des Dichters. In: Literarische Revue 3 (1948) 129-139;
Das Tier aus der Tiefe (=Die Sintflut I), 1949;
Gottes Utopia. Tragödie, 1949;
Erhabene Stadt der Trierer. In: Merian: Trier (1949) 21-25;
Gäste im Paradies, 1949;
Die Häuser auf der Wolke. Kindermärchen, 1950;
Der Granatapfel. Oden, Gedichte, Sonette, 1950;
Das Antlitz, 1951;
Die Arche (=Die Sintflut II), 1951;
Main Nahe zu Rhein-Ahrisches Saar Pfalz Mosel-Lahnisches Weinpilgerbuch, 1951;
Der Reporter Gottes. Eine Hörfolge, 1952;
Ein Schriftsteller spricht sich aus: Was ich vom Leser fordere. In: Der Standpunkt (4.12.1953);
Die Rache der Schmetterlinge, 1953;
Der Knabe im Brunnen, 1953 (1986);
Die Reise nach Portiuncula, 1954;
Der kleine Steff, 1956;
Das Lied vom roten Mantel. Hörspiel, 1956;
Die Touristen. Komödie, 1956;
Positano, 1957;
Wann kommen die Götter?, 1957;
Toleranz. Die Brücke zwischen Wahrheit und Freiheit, 1958;
Sperrzonen, 1957;
Der graue Regenbogen, 1959;
Die Verteidigung der Xanthippe, 1960;
Die großen Weine Deutschlands, 1960;
Vom Abenteuer der Freude. Chorwerk, 1960;
Europa ruft. In: Nie wieder Hiroshima, hrgs. von H. Gollwitzer, 1960, 61f.;
Der Mann im Fisch (=Die Sintflut III), 1963;
Die biblische Geschichte, 1965;
Der 20. Juli, Tat und Testament, [=Frankfurter Universitätsreden; 41], 1966;
Der Taubenturm, 1966;
Gedichte, 1966;
Ägyptisches Tagebuch, 1967;
Die Mosel, 1968;
Noah und seine Kinder, 1968;
Die Dumme, 1969;
Die Versuchung des Synesios, 1971;
Vermutungen über das Übermorgen. In: Völkerwanderung heute, hrsg. von H. J. von Merkatz, 1971;

Das Fest der Fischer, 1973;
Die große Lüge, 1973;
Der Abbruch ins Dunkle (1985);
Sehnsucht nach Italien, 1988;
Der hinkende Gott, 1991;
Die Sintflut. Roman. Hrsg. von John Klapper, 2007;
Ernst Jünger–Stefan Andres. Briefwechsel. Briefe 1937–1970. Hrsg. u. kommentiert, mit einem Nachwort von Günther Nicolin, 2007;
Gäste im Paradies. Moselländische Novellen. (Inhalt: Utz, der Nachfahr / Die unglaubwürdige Reise des Knaben Titus / Die Vermummten / Der Menschendieb / Gäste im Paradies / Der Abbruch ins Dunkle / Wirtshaus zur weiten Welt / Der Mörderbock). Hrsg. von Hans Wagener, 2008;
Terrassen im Licht. Italienische Erzählungen. (Inhalt: Geliebtes Positano / Das goldene Gitter / Die Unterlassungssünde des Frau Diavolo / Der Umweg über den Galgen / Der geheime Auftrag / Das Geschenk / Das erhörte Herz / Auf dem großen Kastell / Pompejanische Betrachtungen / Lustrascarpe / Auf der Via Appia / Das tönerne Pferd / Die Erben des Lebens / Die große Lüge / Auf der Engelsbrücke / Amelia / Die Zeit stiehlt nichts / Faraone / Die schwarze Göttin / Arquà Petrarca / Der Urlaub / Das Fest der Fischer / Die Wohnung des Sabenissimo / Mein Nachbar Michelino / Die Himmelsschuhe / Die heilsame Sünde des Don Gianino / Die großen Ferien / Fräulein Melitta / Flora, Bildnis einer jungen Magd / Mozzo, mein Faktotum / Terrassen im Licht), hrsg. von Dieter Richter, 2009;
Wir sind Utopia. Prosa aus den Jahren 1933–1945. (Inhalt: El Greco malt den Großinquisitor / Wir sind Utopia. Novelle / Sprache des Temenos. Aus meinem griechischen Reisebuch / Xenophanes tritt einen Beweis an / Die Parabel vom Ziel und der Sehnsucht / Der entschleierte Berg Athos / Das Trockendock. Anekdote / Der Nachfahr des Odysseus. Anekdote / Der König im Gedränge. Anekdote / Parabel über die Verfänglichkeit des Lebens / Die Halskette im Wald von Roumare. Eine Anekdote um den Normannenherzog Hrolf / Die Instruktion. Anekdote / Der olympische Frieden. Erzählung / Voltaires Perücke klärt auf. Anekdote / Klavichord und Schachbrett. Anekdote / Die Brücke der Gerechtigkeit. Eine Anekdote / Pytheas von Massalia. Parabel / Das gekrönte Tier. Legende /  Der hinkende Gott. Erzählung / Das Weihgeschenk. Legende / Der Letzte der Heroen. Eine Erzählung / Ehrenvoller Diebstahl. „Frühling und Herbst des Lü Bu We“ / Zwischen zwei Stühlen. Ein Streitgespräch / Verteidigung der Xanthippe / Der Paß / Der Palast des Marquis / Bitte, nach Ihnen! / Die Stelzen / Vom dauerhaften Grabe. Eine Parabel), hrsg. von Erwin Rotermund, Heidrun Ehrke-Rotermund unter Mitarbeit von Thomas Hilsheimer, 2010;
Der Knabe im Brunnen, hrsg. von Christa Basten und Hermann Erschens, 2011;
Tanz durchs Labyrinth. Lyrik – Drama – Hörspiel (Inhalt: Der Granatapfel / Gedichte / Requiem für ein Kind / Oden / Tanz durchs Labyrinth / Sperrzonen), hrsg. von Claude D. Conter, Wilhelm Große und Birgit Lermen, 2012;
Der Dichter in dieser Zeit. Reden und Essays, hrsg. von Christopher Andres und Michael Braun, 2013.

Bibliographie der Stefan-Andres-Gesellschaft mit Sitz in Schweich.

Literatur zu Stefan Andres und seinem Werk

Lit.: St. A., Selbstdarstellung. In: Wirrnis und Ewigkeit, 1934; Fr. v. d. Leyen, St. A. In: Deutsche Zukunft 3 (1935) 19-20; - Fr. Lennartz, St. P. A. In: Die Dichter unserer Zeit. Einzeldarstellungen zur deutschen Dichtung der Gegenwart, 1941, 4-5; - St. A., Aquaedukte der Erinnerung. Ein Selbstportrait. In: Welt und Wort 5 (1950) 505f.; - R. J. Cahill, St. A. and »Die Ordnung der Welt«, 1958; - D. C. Travis, The pattern of reconciliation in the works of St. A., 1959; K. G. Weber, Das Verhältnis von Persönlichkeitsentfaltung und Zeiterlebnis im Werk von St. A., 1959 (Diss.); - E. Baum, Sprach- und Stilstudien zum dichterischen Prosawerk von St. A., 1960; Cl. Andre, Dichtung im Dritten Reich. St. A. »Die Arche«, 1960; - P. Vanderschaeghe, St. A., 1962; - C. Tagliarini, Gli elementi autobiografici nella narrativa di St. A., 1964; - St. A., Jahrgang 1906. Ein Junge vom Lande. In: Jahr und Jahrgang 1906, hrsg. von J. Karsten, W. Keller u. E. Schramm, 1966, 53-96; O. Mann, [Art.] St. A. In: RGG² I (1957) Sp. 368-369; - St. A. Eine Einführung in sein Werk, 1962; P. Vanderschaeghe, St. A., [=Ontmoetingen; 37], 1962; - K. O. Nordstrand, Hinter hundert Generationen. Monographisches zu St. A. in der Exil- und Nachkriegszeit, 1968; - Interpretationen zu St. A., verfasst von einem Arbeitskreis, 1969; - K. O. Nordstrand, St. A. und die »innere Emigration«. In: Modern sprak 63 (1969) 247-264; - A. In: Munzinger-Archiv 1970; - V. Santoli, [Art.] St. A. In: La letteratura tedesca moderna, 1971, 359-361; - Utopia und Welterfahrung. St. Andres und sein Werk im Gedächtnis seiner Freunde, 1972; - K. Lorenzen, St. A. In: Deutsche Dichter der Gegenwart. Ihr Leben und Werk, hrsg. von Benno v. Wiese, 1973, 183-194; - L. I. Philippe, A critical analysis of St. A. »Die Sintflut«, 1973; - H. Wagener, St. A., [=Köpfe des XX. Jahrhunderts; 77], 1974; - H. Wagener, St. A. In: Zeitkritische Romane des 20. Jahrhunderts, hrsg. von H. Wagener, 1975, 220-240; - L. Reinirkens, St. A. In: Personen und Wirkungen. Biographische Essays, hrsg. von E. Sinnwell, 1979, 368; - J. Wichmann, Erinnerung an St. A. Aus einem Briefwechsel mit Verkehrsdirektor Wilhelm Bracht. In: Theater über Grenzen. Europäisches Theatergespräch 79, 1979; - E. E. Guderian, Seduction and betrayal in the works of St. A., 1979; - St. Andres. Ein Reader zu Person und Werk, hrsg. von W. Große, 1980; - Fr. Rickert, [Art.] St. A. In: Encyclopedia of world literature in the 20th century I, 1981, 91-92; - M. Laque, Freiheit, Wahrheit und Glaube in St. A. Novellen »El Greco malt den Großinquisitor« und »Wir sind Utopia«, 1985; - A. Schmidt. St. A. Scheideweg. Wegkreuzungen eines Schriftstellers. In: Dreihundert Jahre altes Kurfürstliches Gymnasium Bensheim, 1986, 137-146; - Chr. F. Lorenz, [Art.] St. A. In: Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur I (1988) s.v.; - H. Wagener, [Art.] St. A. In: W. Killy, Literaturlexikon I, 1988, 177-179; - H. Pies, Der Stefan-Andres-Wanderweg. Ein literarischer Begleiter, 1988; - Mein Thema ist der Mensch. Texte von und über St. Andres, hrsg. vom Wiss. Beirat der St.-Andres-Gesellschaft, 1990 (Bibliogr.); - K. Bongardt, St. Andres, [=Christ in der Welt; 72], 1990; - U. Klein, St. A. Innere Emigration in Deutschland und im »Exil«, 1991 (Diss.); - K. Eibl, [Art.] St. A. In: LThK³ I (1993) Sp. 635; - J. W. Dyck, Dorothee Andres - Reflections on the Geneses of St. A. Early Novels. In: Bausteine zu einem transatlantischen Literaturverständnis, hrsg. von H. W. Panthel u. P. Rau, 1994; - A. St. In: Heiner Schmidt, Quellenlexikon zur deutschen Literaturgeschichte I, 1994, 198-206; - J. Klapper, St. A. The Christian Humanist as a Critic of his Times, 1995; Aquaedukte der Erinnerung. St. A. 1906-1970. Eine Ausstellung des Collegium Josephinum Bonn, hrsg. von G. Nicolin, 1995; - B. Goldmann, St. A. (1906-1970). In: Rheinische Lebensbilder 15, hrsg. von Fr.-J. Heyen, 1995, 267-275; - M. Braun, »Ein kläglicher Prophet in seinem Fisch«. St. Andres und die Probleme der inneren Emigration. In: Zeitschrift für deutsche Philologie 115 (1996) 262-278; - M. Braun, Stefan Andres - Leben und Werk, hrsg. von der Stefan-Andres-Gesellschaft, 1997 (Werkverzeichnis); - J. Klapper, St. Andres der christliche Humanist als Kritiker seiner Zeit, 1998 (Bibliogr.); - Stefan Andres. Zeitzeuge des 20. Jahrhunderts, hrsg. von M. Braun, G. Guntermann, B. Lermen, [=Trierer Studien zur Literatur; 32], 1999; - S. von Blumenthal, Christentum und Antike im Werk von St. Andres, [=Schriftenreihe Poetica; 37], 1999; - A. von Scharpen, Im Spiegel des Anderen. Italien und die Italiener in der deutschen und Deutschland und die Deutschen in der italienischen Literatur seit 1945, 1999, 41-52; - E. S. Gabe, Macht und Religion. Analogie zum Dritten Reich in Stefan Andres Trilogie »Die Sintflut«, 2000. - Weitere Beiträge zur Person und zum Werk in: Mitteilungen der Stefan-Andres-Gesellschaft 1980ff.